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Smartphone-Verschlüsselung US-Gesetzeshüter sehen ihre Arbeit gefährdet

Apple und Google haben angekündigt, Smartphones mit iOS und Android bald standardmäßig zu verschlüsseln. Was Nutzern mehr Sicherheit bringt, erschwert Polizisten und Strafverfolgern die Arbeit. Sie schimpfen jetzt über die Pläne.
Smartphone mit EFF-Aufkleber: "Stimme der Durchsuchung dieses Geräts nicht zu"

Smartphone mit EFF-Aufkleber: "Stimme der Durchsuchung dieses Geräts nicht zu"

Foto: SPIEGEL ONLINE

Apple und Google haben vergangene Woche eine durchaus bemerkenswerte Ankündigung gemacht: Die Firmen gaben bekannt, Smartphones mit der nächsten Version ihrer Betriebssysteme standardmäßig zu verschlüsseln. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass nur der Nutzer Zugriff auf die darauf gespeicherten Daten hat, mithilfe eines Passcodes. Nach Angaben von Apple-Chef Tim Cook soll im Regelfall nicht einmal der Hersteller auf E-Mails, Videos, Fotos und anderen Daten zugreifen können, sollte sich der Nutzer weigern, sie herauszugeben.

Was Datenschützer und sicherlich viele Nutzer freut, macht den amerikanischen Strafverfolgungsbehörden jetzt schon Sorgen, berichtet das "Wall Street Journal" : Schon durch die Verschlüsselung von Diensten wie iMessage und FaceTime habe Apple die Arbeit der Polizei erschwert, klagen sie - und das selbst bei relativ alltäglichen Missionen wie dem Auffinden verloren gegangener Kinder oder Alzheimer-Patienten . Nun würde die Arbeit der Strafverfolger in manchen Fällen geradezu unmöglich gemacht. Apple verspreche seinen Kunden so etwas wie ein "Haus, das nicht durchsucht werden kann oder einen Kofferraum, der sich nicht öffnen lässt", zitiert die US-Zeitung einen Justizbeamten.

Beispielhaft wird ein aktueller, bislang ungelöster Vermisstenfall erwähnt: Die hier gegen einen mutmaßlich Beteiligten eingesetzten Durchsuchungsbefehle betreffen auch das Handy der Person. Mit einem verschlüsselten Telefon könnte sich der Verdächtige der Verfolgung teilweise entziehen, die Behörden könnten praktisch nichts dagegen unternehmen. So zumindest das Gedankenspiel.

Ein Angebot an Kriminelle?

Ein ehemaliger FBI-Mitarbeiter äußert sich im "Wall Street Journal" noch zugespitzter, mit den Worten: "Apple sagt Kriminellen: Nutzt diese Geräte." Dabei vergisst der Mitarbeiter aber, dass Apple den Behörden bei begründeten Anfragen durchaus Backup-Daten von den iCloud-Servern zur Verfügung stellen muss. Dasselbe gilt auch für die Mobilfunkanbieter und ihre Server-Aufzeichnungen.

Vor Geheimdiensten dürfte die Smartphone-Verschlüsselung ohnehin kaum schützen. Dienste wie die NSA und ihre Verbündeten fischen Daten direkt aus den Verbindungskabeln und Routern, die die Infrastruktur des Internets bilden.

Christopher Soghoian von der Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) glaubt, dass die Verschlüsselungsmaßnahmen vor allem die Arbeit gewöhnlicher Polizisten aufwendiger und langwieriger macht. "Für den ,großen Bruder' ist das kein großes Problem", sagt Soghoian, "aber für den ,kleinen Bruder'."

abr