Mit viel Aufsehen geht Chinas E-Commerce-Gigant Alibaba in New York an die Börse. Der Schritt spiegelt den Erfolg junger privater Internetunternehmen in China wider: Auf dem boomenden Online-Markt sind sie zu großen Playern herangewachsen. Vor allem durch die Verbreitung des Smartphones verändern die Internetgiganten Alibaba, Baidu und Tencent Chinas Wirtschaft und Gesellschaft schneller als in jedem anderen Land.

Doch China ist ihnen nicht genug. Sie wollen auch internationale Märkte erobern und den etablierten Konzernen Konkurrenz machen. Die drei großen chinesischen Internetunternehmen Alibaba, Baidu und Tencent haben das Zeug dazu, schon bald zu neuen Global Playern zu werden. Sie gehören zu einer neuen Generation chinesischer Privatunternehmen, deren Marktmacht sich nicht auf staatliches Wohlwollen oder Subventionen stützt. Stattdessen bestehen sie im sich schnell wandelnden Netz durch Ideenreichtum und innovative Geschäftsmodelle. Wie die großen US-Konzerne bauen sie umfassende digitale Ökosysteme auf. In China kommt bereits heute keiner mehr an ihnen vorbei, und nun wollen die chinesischen Internet-Unternehmen ihren Erfolg international fortsetzen.

Noch stehen ihre internationalen Aktivitäten allerdings am Anfang. Eine einheitliche Strategie ist bislang nicht zu erkennen; vorsichtig tasten sie sich an ihre Zielländer heran. Nur selten trauen sie sich, ausländische Versionen ihrer Webseiten und Apps anzubieten. Die Gefahr scheint den Internetgiganten zu groß, dass sie durch Unerfahrenheit im Ausland scheitern könnten. Stattdessen knüpfen sie zunächst internationale Netzwerke von Partnern und Händlern, bauen schrittweise ihre Reputation auf und starten Testballons.  

Erfolgversprechend sind für die Chinesen deshalb vorerst Entwicklungs- und Schwellenländer. Märkte in Taiwan, Hongkong und Singapur, die China relativ ähnlich sind, dienen als Experimentierfelder für die Expansionsbestrebungen. Alibabas Erzrivale Tencent expandiert darüber hinaus sehr erfolgreich in Länder mit großen chinesischen Minderheiten wie Malaysia oder Indonesien. Sein Chat-Programm WeChat macht dem Marktführer WhatsApp dort ordentlich Konkurrenz. Weitere Versuche gehen über Asien hinaus: Das chinesische Google-Pendant Baidu startete dieses Jahr in Brasilien die Suchmaschine Busca. 

In Europa und den USA wird es aber ungleich schwerer. Amazon, Ebay, Google und Facebook haben die Märkte dort fest in ihrer Hand, und so müssen die chinesischen Unternehmen die Konsumenten erst einmal davon überzeugen, dass ihre Dienstleistungen besser sind als die der Marktführer. Außerdem müssen sie sich gegen Vorurteile zur Wehr setzen, sie seien nicht vertrauenswürdig oder gar ein verlängerter Arm des chinesischen Staatsapparates. 

Genug Geld zum Investieren

Entmutigen lassen sich Alibaba, Baidu und Tencent davon nicht. Der Großteil ihrer Investitionen fließt in die USA. Alibaba testet seit Mitte des Jahres mit der E-Commerce-Plattform 11Main den Geschmack amerikanischer Internetnutzer. Vermutlich wird die Zeit bald reif dafür sein, dass die chinesischen Unternehmen auch darüber hinaus direkt mit den Konsumenten der Industrieländer Geschäfte machen.

Genug Geld, um zu investieren und es mit den Platzhirschen aus den USA aufzunehmen, haben sie. Insbesondere Alibaba wird nach dem Börsengang viel Geld investieren können, und vermutlich einen beträchtlichen Teil davon in Aktivitäten im Ausland stecken. Möglicherweise steigt das Unternehmen dann sogar bei der schwächelnden Suchmaschine Yahoo ein.

Für die Konsumenten im Ausland sind das gute Nachrichten. Sie können von der Experimentierfreudigkeit der chinesischen Internetkonzerne profitieren. China hat sich längst zu einem Hotspot für innovative Internetanwendungen entwickelt. Zugleich aber wird China damit in die Lage versetzt, immer größere Datenströme kontrollieren zu können. Wenn die chinesischen Konzerne global erfolgreich sein wollen, müssen sie Wege finden, im Ausland liberaler mit Online-Inhalten umzugehen. Gelingt ihnen dies, wird das Internet der Zukunft chinesischer.