Die gute Nachricht ist: Die Digitale Agenda der Bundesregierung wird endlich kommen. Das Bundeskabinett wird das Papier an diesem Mittwoch beschließen und vorstellen. Darin geht es um Netzausbau, Medienkompetenz, Urheberrecht, Verschlüsselung und Open Data. Allesamt wichtige Themen, die langsam einer Antwort oder Näherung bedürften. Die schlechte Nachricht ist: Auch die kommende Digitale Agenda schafft es, sich auf 38 Seiten um konkrete Aussagen herumzuschlängeln.

Seit Jahren versucht sich die Bundesrepublik an einer digitalen Strategie. Die Vorgängerregierung legte unter Wirtschaftsminister Rainer Brüderle ein Papier mit dem Titel Deutschland Digital 2015 vor. Der Bundestag setzte eine Enquete-Kommission ein, die sich drei Jahre lang an Themen wie Netzneutralität, Green IT und Datenschutz abarbeitete. Im Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot ist die Digitalisierung ein eigenes Kapitel. Was alle diese Versuche bisher eint, sind unklare Ergebnisse, oftmals verpackt in Worthülsen.

In weiten Teilen gilt das auch für die Digitale Agenda. Jedenfalls legt der "ressortabgestimmte" Entwurf, den netzpolitik.org am 31. Juli veröffentlicht hat, das nahe. Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums wollte das zwar nicht kommentieren, aber ein Abgleich mit Presseerklärungen und -mitteilungen ergibt: Der Entwuf ist wohl echt. Und "ressortabgestimmt" bedeutet, dass bis morgen keine großen Änderungen mehr zu erwarten sind. Nur ein paar Details werden wohl noch überarbeitet, auf Wunsch der Kanzlerin, schreibt heise online unter Berufung auf Regierungskreise.

Der derzeit vorliegende Entwurf jedenfalls ist inhaltlich kaum greifbar. Das könnte zum einen daran liegen, dass Wirtschafts-, Innen- und Verkehrsministerium beteiligt sind. Zum anderen daran, dass es für konkrete Vorhaben auch konkreter finanzieller Zusagen bedürfte. Daran fehlt es aber.

Schwerpunkt Breitbandnetz auf dem Land

Inhaltlich werden viele Punkte aus dem mittlerweile vier Jahre alten Papier Deutschland Digital 2015 aufgegriffen – allen voran das Thema Netzausbau. Es ist das zentrale und bestimmende Thema der Digitalen Agenda. Und das hat einen guten Grund: Der Zugang zu einer schnellen Leitung ist heute Voraussetzung, um überhaupt an der modernen Gesellschaft teilzunehmen, um Videos schauen, Musik hören oder Dokumente im Netz teilen zu können. 

Die Minister fordern deshalb ein flächendeckendes Netz mit 50 Megabit pro Sekunde bis 2018 in Deutschland. Im Papier Deutschland Digital 2015 hieß es noch, drei von vier Deutschen sollten bis 2014 einen solchen Anschluss erhalten. Das konnten die damaligen Absichtserklärer nicht einhalten. Noch im Januar 2014 nutzten gerade 5,5 Prozent aller Deutschen einen Zugang mit über 30 Megabit pro Sekunde. Durchschnittlich surft jeder Deutsche heute mit sechs Megabit pro Sekunde im Netz, das liegt unter dem EU-Durchschnitt.

Vor allem auf dem Land fehlen Breitbandanschlüsse. Wie der Breitband-Atlas zeigt, surfen der Osten und Bayern besonders langsam. Aber die flächendeckende Versorgung mit VDSL ist teuer. Am vergangenen Wochenende forderte die Deutsche Telekom vom Bund zehn Milliarden Euro für den Breitbandausbau, allein um 90 Prozent des Landes abzudecken. Für die restlichen zehn Prozent bräuchte das Unternehmen nach eigenen Angaben noch einmal 15 Milliarden Euro. Die Telekom spielt beim Breitbandausbau die Schlüsselrolle. Sie hält den Großteil des deutschen Netzes und vermietet es an andere Internetanbieter. 

Hoffen auf die "Digitale Dividende II"

Um den Netzausbau günstiger zu machen, schlagen die Minister vor, Tiefbauarbeiten besser zu koordinieren. Wer ein Abflussrohr verlegt, soll also gleich ein Glasfaserkabel dazu packen. Das klingt bestechend einfach, wird den Breitbandausbau aber nicht flächendeckend garantieren.

Um konkrete finanzielle Zusagen drückt sich die Regierung. Immerhin: Nennenswerte Summen soll die Versteigerung von freiwerdenden Funk-Lizenzen durch die Bundesnetzagentur im Jahr 2015 bringen, Branchenkenner rechnen mit einem hohen dreistelligen Millionenbetrag. "Einen Großteil der sogenannten Digitalen Dividende II werden wir direkt wieder in die Digitalisierung unseres Landes investieren", versprach Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt der Welt. In seiner Agenda steht dazu der Satz: "Mit dem Einsatz der Vergabeerlöse schaffen wir zusätzliche Anreize für Investitionen in den Breitbandausbau."

Konstantin von Notz, netzpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, sagt dazu: "Die Ankündigungen in dieser 'Agenda' klingen oftmals sinnvoll – ohne die Bereitstellung der nötigen finanziellen Mittel sind sie aber eben nicht mehr als Absichtserklärungen ohne Substanz und Aussicht auf tatsächliche politische Durchsetzung."