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Cybercrime-Bericht 2013 BKA zieht eigene Statistik in Zweifel

Das Ausmaß der Internetkriminalität hat sich im Vergleich zum Vorjahr wenig verändert, verkündet das BKA. Cybercrime sei trotzdem auf dem Vormarsch. Wie passt das zusammen?
BKA-Chef Jörg Ziercke (li), Bitkom-Präsident Dieter Kempf: Überall droht "Cybercrime"

BKA-Chef Jörg Ziercke (li), Bitkom-Präsident Dieter Kempf: Überall droht "Cybercrime"

Foto: Bernd von Jutrczenka/ dpa

Berlin - Im Jahr 2013 hat es in Deutschland kaum mehr Online-Kriminalität gegeben als im Jahr davor. Fälle von Passwortklau, Betrug beim Onlinebanking und gehackten Rechnern nahmen kaum zu. Laut Bundeskriminalamt (BKA) stieg die Zahl der registrierten Delikte gerade einmal um ein Prozent.

64.426 Fälle hat es insgesamt gegeben, erklärt das BKA, und obwohl das nur unwesentlich mehr sind als im Vorjahr, sagte BKA-Präsident Jörg Ziercke bei der Vorstellung des neuen Bundeslagebilds zur Cyberkriminalität (hier als PDF ): "Die Internetkriminalität ist weiterhin auf dem Vormarsch."

Vielleicht, weil die Zahl seit 2009 um mehr als 20 Prozent gestiegen ist. Das aber verwundert kaum, schließlich hat die Internetnutzung an sich in dieser Zeit massiv zugenommen.

Tatsächlich traut das BKA seiner eigenen Statistik nicht, dort geht man nämlich von einer sehr hohen Dunkelziffer aus. Harte Zahlen gibt es dazu nicht, auch zum monetären Schaden kann der Bericht keine "belastbaren Aussagen" machen - nur, dass es wohl auch nicht viel mehr war als im Jahr zuvor. Lediglich zu den Bereichen Computerbetrug und "Betrug mit Zugangsdaten zu Kommunikationsdiensten" wurden Schäden in Höhe von zusammen 42,6 Millionen Euro angegeben, im Vorjahr waren es 42,5 Millionen. 2011 aber lag die Summe noch bei 71,2 Millionen Euro. Wenn überhaupt, gehen die Schäden in diesem Bereich also zurück. Dafür sagt die Statistik aber etwas über die Erfolge der Ermittler: Gerade einmal 25 Prozent der Fälle konnten sie im Jahr 2013 aufklären.

Hacking nimmt in den letzten Jahren zu, Phishing nimmt ab

Unter den registrierten Delikten beobachtete das BKA im vergangenen Jahr vor allem eine Zunahme der Computersabotage. Gemeldet wurden hier fast 12.800 Fälle - ein Plus von rund 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Außerdem erfasste das Amt rund 19 Prozent mehr Fälle von Phishing, bei dem sich Kriminelle zum Beispiel Zugangsdaten zum Onlinebanking erschleichen: Rund 4100 Fälle wurden 2013 gezählt, im Jahr davor waren es 3440. Im Vergleich zu 2010 und 2011 allerdings sind aber sowohl die Phishing-Fälle als auch die daraus resultierenden Schäden deutlich zurückgegangen.

Nach Meinung des BKA kam auch die "digitale Erpressung" im Jahr 2013 häufiger vor. Kriminelle infizieren dabei beispielsweise die Rechner ihrer Opfer und suggerieren mit einer eingeblendeten Meldung, der Computer wäre im Zusammenhang mit Straftaten aufgefallen und deshalb gesperrt worden. Berühmt wurde in diesem Zusammenhang etwa der sogenannte BKA-Trojaner.

Vom Besitzer des Rechners werden dann beispielsweise 100 Euro verlangt, sonst werde sein Gerät nicht entsperrt. 6754 derartige Fälle wurden registriert, eine Vergleichszahl aus dem Vorjahr wird im Bericht aber gar nicht genannt. Vergehen wie Computerbetrug und Datenausspähung gingen laut der offiziellen Statistik leicht zurück.

Statistik liegt womöglich völlig daneben

Der Bericht gibt also insgesamt wenig Anlass zur Beunruhigung. Das sehen die Beamten aber offenbar anders: Die Statistiken selbst hätten nur "eine begrenzte Aussagekraft", heißt es im Bericht. "Das Dunkelfeld bei Cybercrime wird immer größer", sagt BKA-Chef Ziercke. Ein Großteil der Straftaten im Netz werde nicht angezeigt, und zum Teil bemerkten die Bürger und Unternehmen nicht einmal, dass sie Opfer von Cyberkriminellen geworden seien.

Das BKA beruft sich auf eine eine sogenannte Dunkelfelduntersuchung des Landeskriminalamts Niedersachsen aus dem vergangenen Jahr. Die habe ergeben, dass nur neun Prozent aller Cybercrime-Delikte angezeigt würden. Das BKA vertritt deshalb die Meinung, die vorliegenden Zahlen zumindest zu "einzelnen Deliktbereichen" müssten mit dem Faktor elf multipliziert werden, um ein realistisches Bild zur Cyberkriminalität in Deutschland zu bekommen.

Auch ohne Zahlenbeleg haben die Nutzer Angst

Auch eine Studie des Branchenverbands Bitkom, die ebenfalls am Mittwoch vorgestellt wurde, suggeriert ein bedrohliches Ausmaß der Cyberkriminalität. Der Verband befragte Anfang August rund tausend Internetnutzer zu ihren Sorgen und Erfahrungen beim Umgang mit dem Netz. Mehr als die Hälfte (55 Prozent) gab an, sie seien in den vergangenen zwölf Monaten selbst Opfer von Cyberkriminalität geworden.

Doch obwohl es gar keine verlässlichen Zahlen zur Internetkriminalität gibt, wächst bei den Internetnutzern offenbar die Angst: Nur jeder Zehnte fühlt sich laut der Bitkom-Studie gar nicht gefährdet. Vor drei Jahren lag die Zahl der Sorglosen noch bei 21 Prozent. Tatsächlich aber würde statt Online-Panik oft schlicht ein wenig mehr Achtsamkeit und Vorsicht im Netz schon weiterhelfen.

Mit Material von dpa und Reuters