Was den digitalen Wandel in den Unternehmen ausbremst: Karrierewütige Manager – Studie von Horváth & Partners

Mit der Digitalisierung kommen viele Unternehmen nur langsam voran. Wegen Eifersucht und Grabenkämpfen im Management: Zu viele Führungskräfte wollen sich mit dem Modethema profilieren.

Es sind ausgerechnet die internen Querelen in Unternehmen, die die Digitalisierung ausbremsen. So wie im Fall der Marketingchefin eines norddeutschen Handelsunternehmens, die von ihrem Chef viel Geld für die Zukunft bekam. Eine Million Euro ließ der Unternehmenslenker für die neue Webseite inklusive eines Systems für Onlinebestellungen springen. Doch damit verärgerte er gleichzeitig seinen IT-Chef, den für dessen Intranetprojekt gab es nun kein Geld mehr.

 

Jung gegen alt, Marketing gegen IT, Logistik gegen Kundenverantwortliche

Der Fall ist typisch: Da Digitalisierung als großer Trend gilt, wollen sich viele Führungskräfte mit entsprechenden Projekten schmücken, um die eigene Karriere damit voranzutreiben. Kompetenzgerangel und Eifersüchteleien führen dann aber dazu, dass die Projekte scheitern oder deutlich später fertig werden als geplant. Wer darf die Lorbeeren einheimsen und die Gewinnerthemen besetzen? Wer wird zum Zuarbeiter degradiert? Solche Fragen sorgen für Grabenkämpfe: Junge gegen Alte, Marketing gegen IT oder Logistik gegen Kundenverantwortliche.

Rainer Zierhofer von Horvarth (Foto: Daniel Sommer Photographie)

Rainer Zierhofer von Horváth & Partners (Foto: Daniel Sommer Photographie)

Zu dem Ergebnis kommt eine Umfrage des Marktforschers Forsa im Auftrag des Beratungsunternehmens Horváth & Partners unter 200 IT-Vorständen und Geschäftsführern von Unternehmen mit mindestens 250 Millionen Euro Umsatz.

Fehlen Ressourcen? Egal 

Als weiteres Problem geben 61 Prozent der Befragten Zeitprobleme an. „Viele Chefs legen begeistert los, machen sich aber nicht rechtzeitig Gedanken über die Ressourcen ihrer Mitarbeiter“, beobachtet Rainer Zierhofer, Digitalisierungsexperte bei Horváth & Partners. Stattdessen erwarten sie stillschweigend, dass solche Projekte neben dem Tagesgeschäft gestemmt werden.

 

Überflüssige Doppelarbeiten

In fast jedem zweiten Unternehmen (49 Prozent) kommt es zudem zu Komplikationen, weil mehrere Mitarbeiter in unterschiedlichen Abteilungen mit der Digitalisierung betraut sind.

Die Untersuchungsergebnisse im Detail: 49 Prozent der Unternehmen beklagen Zeitverzögerungen, Interessenkonflikte 58 Prozent und 35 Prozent Entscheidungsschwächen. Nur vier Prozent der Unternehmen haben für das Thema Digitalisierung einen eigenen Chief Digital Officer ernannt.

 

Jedes zweite Unternehmen hat keinen Plan

Dumm nur, dass oft starre Strukturen und ein fehlender Masterplan die Digitalisierungsprojekte aufhalten. Vor allem wie der digitale Umbau vonstatten gehen soll, das hat fast jedes zweite Unternehmen nicht einmal definiert. Das Fazit von Horvárth-Partner Zierhofer: „Unternehmen sind oft streng hierarchisch, funktional, in Silos organisiert.“ Mit dieser Folge: Die Digitalisierung stellt diese Organisationsformen auf den Prüfstand und fordert die Unternehmen, neue Formen der Zusammenarbeit zu probieren und zu etablieren.“

 

 

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Alle Kommentare [5]

  1. Der digitale Wandel wird das zentrale Thema quer durch sämtliche Unternehmen und Funktionsbereiche sein. Kein Wunder also, dass daraus Kompetenzgerangel entstehen. Dass 58% der Befragten Interessenkonflikte benennen, könnte besorgniserregend sein. Es gilt durch geeignete Maßnahmen, diese Konflikte zu nutzen und in Chancen zu verwandeln. Konfliktmanagement und Mediation sind sicher gute Begleiter beim Wandel in die digitale Zukunft. Dann wird auch das Kompetenzgerangel wieder weniger stark im Mittelpunkt stehen.

  2. Bei strukturellen/organisatorischen/Mindset Problemen wie hier geschildert empfiehlt sich meines Erachtens die Methode des Design/Service Thinking am besten. Siehe hierzu Informationen auf hpi.de

  3. Danke, Herr Zierhofer, für diese klare, kurze und prägnante Einschätzung. Sie deckt sich mit meiner Beobachtung: Silo- und Machtdenken (wer darf sich „den Fortschritt“ ans Revers heften) stehen der pragmatischen Herangehensweise im Weg.

    Ein Benchmark könnte der Vergleich mit der Social Media Entwicklung sein. Diese war auch lange unterschätzt und so konnten sich verschiedene Formen (Hubs, zentralisiert) bilden, dIe dann je nach Unternehmensgrösse und -Struktur adaptiert und individualisiert werden konnten.

  4. Korrektur und Nachtrag: Danke an Claudia Tödtmann für den Artikel und die prägnante Zusammenfassung. Mein Kommentar bezog sich teils auf die Kernaussagen und zum anderen auf das Zitat von Herrn Zierhofer zur Resourceneinschätzung durch die Chefs.

  5. Das eindimensionale Denken unserer Manager ist das Gift für jeden innovativen Wandel. Betriebe die erfolgreich Marktneuheiten einführen wollen, sind leider auf ca. 10 Prozent zurückgegangen. Die Manager haben eine Arbeitswelt erzeugt, die das „Fordern und Fördern“ mit enormen Arbeitsdruck und Angst verwechselt. Sie spielen Krieg um Maximales auf Kosten anderer herauszuholen. Dieser beginnt schon in der Erziehung Ihrer Kinder… Es bleibt ihnen daher nichts anderes übrig, als den Druck von oben nach unten weiterzureichen. Wer mehr erfahren will, schaut in mein ebook „Führung 5.0“ im Verlag http://www.bookboon.com unter Schust. Es ist von der Uni St. Gallen als das herausragende Führungsbuch empfohlen.