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Die Legende von der Familienfreundlichkeit

Job und Familie – So soll es besser werden

Job und Familie - das zu vereinbaren ist für viele Arbeitnehmer noch immer schwierig. Dabei hat Familienministerin Schwesig genau dafür bereits vor Monaten ein Bündnis von Politik und Arbeitgebern ins Leben gerufen.

Quelle: N24

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Acht von zehn Unternehmen legen großen Wert auf einen familienfreundlichen Betrieb. Doch eine Umfrage zeigt: Es hakt in Deutschland an zwei entscheidenden Stellen. Und die schließen viele aus.

Deutsche Unternehmer und Wirtschaftsverbände betonen in Sonntagsreden gern, wie wichtig für sie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ihrer Arbeitnehmer ist. Doch in der Praxis zeigt sich, dass in vielen Betrieben noch ein gewaltiger Nachholbedarf in Sachen Familienfreundlichkeit besteht.

Häufig kennen Mitarbeiter die Angebote ihres Arbeitgebers gar nicht. Und es gibt viel zu wenige Angebote für Beschäftigte, die Familienangehörige pflegen müssen.

Dies geht aus dem „Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit“ hervor, den das Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) im Auftrag des Bundesfamilienministeriums erstellt hat. Die Untersuchung soll am Dienstag auf dem „Wirtschaftstag Familie“ vorgestellt wird. Er liegt der „Welt“ bereits vor.

„Noch besteht zwischen den Angeboten der Unternehmen und den Bedürfnissen der Beschäftigten eine Lücke. Hier müssen die Unternehmen noch innovativer werden und Väter, Alleinerziehende und pflegende Beschäftigte in den Blick nehmen“, fordert Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD).

Junge Eltern werden von vielen Unternehmen unterstützt

Acht von zehn Unternehmen legen laut Untersuchung großen Wert auf einen familienfreundlichen Betrieb. So setzen viele Firmen auf flexible Arbeitszeiten und fördern Väter, damit auch sie Teilzeit arbeiten oder in Elternzeit gehen können. Diese Personalpolitik zeigt Wirkung: Mehr als zwei Drittel der Beschäftigten sind mit den Angeboten ihres Arbeitgebers in Sachen Familienfreundlichkeit zufrieden.

Viele wollen ihre Arbeitszeit selber einteilen

Viele Arbeitnehmer würden gern von zu Hause aus arbeiten. Sogar Arbeitgeber könnten davon profitieren. Doch es gibt kein Modell für flexible Arbeitszeiten, auf das sich beide Seiten einigen können.

Quelle: N24

Allerdings hakt es an zwei entscheidenden Stellen, wie die Umfrage unter 1400 Personalleitern und 2355 Beschäftigten zeigt. Während junge Eltern gut gefördert werden, gilt dies nicht im gleichen Maße für Beschäftigte, die ihre eigenen Eltern pflegen müssen. „Eine lebensphasenorientierte Personalpolitik, die auch Beschäftigte ohne Kinder einbezieht, findet sich zurzeit erst in 43 Prozent der Unternehmen“, heißt es in der Untersuchung.

Zweitens kennen viele Beschäftigte die Möglichkeiten zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf gar nicht. So geben in der Unternehmensbefragung nur 33 Prozent der Arbeitnehmer an, regelmäßig über das Angebot an familienfreundlichen Maßnahmen informiert zu werden.

Nur in 36 Prozent aller Betriebe gibt es den Beschäftigten zufolge regelmäßige Befragungen, wie Familie und Beruf besser vereinbart werden können. Und nur 39 Prozent aller Arbeitnehmer fühlen sich in die familienfreundlichen Maßnahmen überhaupt eingebunden. „Die Untersuchung zeigt: Führungskräfte spielen eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, dass eine bessere Vereinbarkeit auch gelebter Alltag in den Unternehmen wird“, sagt Schwesig.

Quelle: Infografik Die Welt

Auch zeigt der Unternehmensmonitor, dass Unternehmensleitung und Arbeitnehmer eine unterschiedliche Wahrnehmung haben, wie familienfreundlich ihr Betrieb ist. So geben 83 Prozent der Unternehmen an, die Vereinbarkeit von Familie und Berufe sei in ihrem Betrieb selbstverständlich. Glaubt man den Arbeitnehmern, ist dies aber nur in 60 Prozent aller Firmen der Fall.

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Auch sehen 89 Prozent der Personalverantwortlichen gleiche Entwicklungs- und Aufstiegschancen für Beschäftigte mit und ohne Familienpflichten – aber nur 68 Prozent der Mitarbeiter teilen diese Einschätzung. Familienfreundlichkeit entfalte sich noch längst nicht überall, lautet daher ein Fazit der Studie.

„Die Geschäftsleitung, die Mitarbeiter und die Führungskräfte haben gemeinsam die Aufgabe eine familienfreundliche Unternehmenskultur auch zu leben“, sagt IW-Direktor Michael Hüther. „Dies muss für Beschäftigten in den unterschiedlichen Lebenslagen gelten.“

Quelle: Infografik Die Welt

Hier komme den Führungskräften eine besondere Bedeutung zu. Sie müssten Angebote auch selbst in Anspruch nehmen oder deren Inanspruchnahme fördern, sagt Hüther. So sieht es auch Familienministerin Schwesig: Gerade wenn männliche Führungskräfte selbst Elternzeit nehmen oder Teilzeit arbeiten, „hat das eine positive Wirkung“, sagt die Ministerin.

Vor allem der digitale Wandel bietet Möglichkeiten, Arbeitszeiten noch flexibler zu gestalten, oder Mitarbeiter von zu Hause arbeiten zu lassen. Allerdings sind mit der steigenden Erreichbarkeit auch Ängste vor Entgrenzung und Überlastung verbunden.

Unternehmen und Beschäftigte sehen laut dem Unternehmensmonitor aber überwiegend die Vorteile der Digitalisierung: Nur sechs Prozent der Personalleiter, Geschäftsführer und auch der Beschäftigten befürchten negative Auswirkungen.

Gut ein Drittel der Unternehmen und mehr als ein Viertel der Beschäftigten erwartet dagegen für die nächsten fünf Jahre Erleichterungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch den digitalen Wandel.

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