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Gehirnforscher Gerhard Roth erklärt, wie schulisches Lernen funktioniert Das Gehirn braucht Abwechslung

Erklären Sie den Begriff Lernen in drei Sätzen.Gerhard Roth: Das schulische Lernen ist eine Veränderung im Geist, es gibt gar keine Veränderung im Verhalten, es ist nicht sichtbar. Eigentlich lernen wir manche Sachen automatisch, aber das Gesetz des Lernens hängt davon ab, warum ich das lerne.
08.05.2017, 00:00 Uhr
Lesedauer: 2 Min
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Von Fr

Erklären Sie den Begriff Lernen in drei Sätzen.

Gerhard Roth: Das schulische Lernen ist eine Veränderung im Geist, es gibt gar keine Veränderung im Verhalten, es ist nicht sichtbar. Eigentlich lernen wir manche Sachen automatisch, aber das Gesetz des Lernens hängt davon ab, warum ich das lerne.

Wer kontrolliert das Gehirn?

Das Gehirn kontrolliert und überprüft sich selbst.

Wie speichert unser Gehirn die Information ab?

Das Gehirn speichert Informationen auf unterschiedliche Art. Erst mal kommen die Informationen ins Kurzzeitgedächtnis, aber im Schlaf werden einige dieser Informationen in das Langzeitgedächtnis transportiert. Welche Informationen das sind, entscheidet das Gehirn! Es sind häufig die interessanten und nicht unbedingt die wichtigen Informationen. Die gespeicherte Informationen können nicht vergessen werden. Das Gehirn kann die Informationen manchmal nicht abrufen.

Braucht das Gehirn Urlaub?

Das Gehirn braucht keinen Urlaub von geistiger Anstrengung, und schon gar nicht sechs Wochen lang. Ein Urlaub vom alltäglichen Belastungsstress ist aber sinnvoll. Was das Gehirn allerdings braucht, ist Abwechslung. Nicht Englischvokabeln oder Geschichte pauken, aber Seemannsknoten lernen, den kaputten Roller reparieren, ein Instrument spielen. Man tut seinem Gehirn keinen Gefallen, wenn man die gesamten Sommerferien am Strand liegt. Das Gehirn braucht die Herausforderung, geistige Anstrengung, die Spaß macht!

Wie kann man in der Schule besser lernen?

Manchmal müssen die Schüler, auch die ohne Flüchtlingshintergrund, erst mal lernen, wie das schulische Lernen funktioniert. In vielen Schulen funktioniert das nicht richtig – wegen des 45-Minuten-Takts. Der wurde im Königreich Preußen eingeführt und ist auf Vorlesungszeiten der Universitätsprofessoren zurückzuführen. Der 45-Minuten-Takt ist in heutiger Zeit nicht zu legitimieren und verursacht Schülern wie Lehrern zusätzlichen Stress. Auch die verquere Abwechslung von Fächern und Themen beeinflusst das Lernverhalten negativ.

Wie können Schüler mit Flüchtlingshintergrund, die zusätzlichen Belastungen ausgesetzt sind, besser lernen?

Zusätzliche Belastungen, wie Traumata, Asylverfahren, Wohnungssuche oder Familienzusammenführung sind Feinde des Lernens. Betroffene Schüler können sich nicht auf die Unterrichtsinhalte konzentrieren, das Erlernte verknüpfen und speichern. Sie werden häufiger krank, manchmal sogar aggressiv. Schüler können erst dann effizient lernen, wenn sie diesem Stress nicht mehr ausgesetzt sind. Dabei dürfen die Lehrer nicht wegschauen.

Das Gespräch führten Gaith Zobide, Ayham Abouker, Sara Geha, Sama Ahmed und Mohamed Jawad Ghasemi.

Zur Person

Professor Gerhard Roth ist Hirnforscher und Biologe. Er wurde 1942 in Marburg geboren und hat Musikwissenschaft, Germanistik, Philosophie und Biologie studiert. Seit 1976 lehrt er an der Universität Bremen.
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