Whistleblowing

Missstände in 40 Prozent der Firmen

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MÜNCHEN. Gesetzes- und Regelverstöße am Arbeitsplatz kommen laut einer Erhebung sehr häufig vor: In knapp vierzig Prozent der Betriebe in vier europäischen Ländern haben Mitarbeiter im vergangenen Jahr Unregelmäßigkeiten gemeldet – darunter Steuerverstöße, Geldwäsche und sexuelle Belästigung.

Das hat eine Befragung von knapp 1400 privaten und öffentlichen Unternehmen mit je mehr als 20 Mitarbeitern in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und der Schweiz ergeben.

Die Hochschule für Technik und Wirtschaft (Chur) und die EQS-Gruppe veröffentlichten den „Whistleblowing-Report“ am Mittwoch in München.

„Whistleblower“ ist der mittlerweile auch im deutschen Sprachraum übliche Begriff für Mitarbeiter, die Verstöße von Kollegen und Vorgesetzten publik machen - und dafür häufig angefeindet werden. Im Ländervergleich gab es die meisten Verstöße in deutschen Firmen, von denen 43 Prozent Unregelmäßigkeiten meldeten.

Am saubersten geht es laut Studie in Schweizer Unternehmen zu, von denen 35 Prozent über aufgedeckte Missstände berichteten. Befragt wurden neben gewinnorientierten Unternehmen auch öffentliche Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Hochschulen. Finanziert wurde die Studie sowohl mit Fördermitteln der Schweizer Regierung als auch mit Zuschüssen von EQS, einem Münchner Unternehmen, das auf Software für Finanzinformationen spezialisiert ist.

Im rechnerischen Schnitt gab es 18 Missstandsmeldungen pro Firma, wie Studienleiter Christian Hauser sagte.

Mehr Unregelmäßigkeiten in großen Firmen

In großen Firmen mit mehr als 250 Mitarbeitern wurden mehr Unregelmäßigkeiten gemeldet als in kleinen und mittelständischen Betrieben. Das sei auch nicht verwunderlich, sagte der Professor für Betriebswirtschaft. „Je mehr Leute Sie haben, desto häufiger wird gegen Vorschriften verstoßen.“

In nicht wenigen Fällen geht es dabei um beträchtliche Summen: So meldeten knapp 18 Prozent der 350 befragten deutschen Unternehmen Schäden von mehr als 100 000 Euro.

Warum in deutschen Unternehmen am häufigsten Verstöße gemeldet wurden, ist unklar - das haben die Wissenschaftler nicht untersucht. Ebenfalls nicht abgefragt wurde, welche Missstände am häufigsten auftreten.

Bisher aber haben viele Unternehmen in den vier Ländern noch kein Meldesystem für Fehlverhalten von Mitarbeitern, obwohl das Europäische Parlament im April eine Direktive zum Schutz von Hinweisgebern beschlossen hat, der zufolge Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern künftig Meldestellen für Verstöße einrichten müssen.

In Deutschland haben demnach bisher 56 Prozent der Unternehmen eine solche Meldestelle, in Frankreich 53 Prozent.

„Wenn ein Unternehmen eine solche Meldestelle einrichtet, bekommt es auch mehr Meldungen“, sagte Hauser. Etwa die Hälfte dieser Hinweise führte dann tatsächlich zur Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten.

Ein gar nicht so kleiner Anteil dieser Meldungen erwies sich allerdings als Mobbing: In den befragten deutschen Firmen handelte es in knapp 13 Prozent dieser Hinweise um Anschwärzen von Kollegen oder Chefs. (dpa)

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