Skip to main content

28.08.2017 | Teambuilding | Schwerpunkt | Online-Artikel

Was Führung mit Theater verbindet

verfasst von: Michaela Paefgen-Laß

3:30 Min. Lesedauer

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
print
DRUCKEN
insite
SUCHEN
loading …

Für Shakespeare war die ganze Welt eine Bühne und alle Frauen und Männer nichts als Spieler. Brecht gewöhnte dem Zuschauer das "romantische Glotzen" ab. Theater zeigt, wie sich die Welt verändern lässt. Moderne Unternehmensführung kann davon lernen.

Nur wenn der Zuschauer begreife, dass seine Welt veränderbar sei, mache es Sinn, sie ihm im Theater abzubilden, schrieb Bertolt Brecht 1955 über das Problem der Darstellbarkeit der modernen Welt auf der Bühne. "Die heutige Welt ist den heutigen Menschen nur beschreibbar, wenn sie als eine veränderbare Weit beschrieben wird. Für heutige Menschen sind Fragen wertvoll der Antworten wegen. Heutige Menschen interessieren sich für Zustände und Vorkommnisse, denen gegenüber sie etwas tun können." 

Die Brücke zum Businesstheater oder Unternehmenstheater ist schnell geschlagen. Das fast zeitgleiche Auftreten der theaterpädagogischen Arbeit in Unternehmen mit der einsetzenden digitalen Revolution um die Jahrtausendwende scheint logisch. Der Wandel verunsichert, wirft Fragen auf, verstört. Mitarbeiter fürchten überrollt zu werden, die Orientierung zu verlieren. Führungskräfte müssen Veränderungen und dazugehörige Strategien verstehbar machen. Auch Brechts Überlegungen zum Theater stammen aus einer Zeit, als neue Massenmedien wie Rundfunk und Fernsehen die Gesellschaft zu verändern begannen. Kann Theaterarbeit in die Kultur moderner Wirtschaftsunternehmen eingreifen?

Empfehlung der Redaktion

2015 | OriginalPaper | Buchkapitel

Unternehmenstheater

Wenn man 2001 den Begriff „Unternehmenstheater“ bei Google eintippte, erhielt man 5 000 Treffer. Heute erhält man 23 600 Suchtreffer, die Anbieter und Beiträge in Foren und Zeitschriften zu diesem Thema umfassen. Unternehmenstheater hat sich seinen f

Alt-68ger Spinnerei oder Orientierungshilfe?

Unternehmenstheater ist keine Alternative zum Teambuildingevent im Klettergarten oder der Zaubershow beim Mitarbeiterfest. Theater als reine Abwechslung zu verstehen ist ein Missverstehen. Egal in welchen Zusammenhängen. Theater will unter die Oberflächen dringen. Deshalb ist auch Unternehmenstheater nicht zur Bespaßung buchbar, um den Zuschauer "romantisch glotzen" lassen. Unternehmenstheater verhandelt sensible Themen wie Kosteneinsparungen oder Entlassungen. Themen, die immer zum Unternehmensalltag hin-  und nie von ihm weglenken.

Auch ist Unternehmenstheater keine clevere Geschäftsidee von Improvisationskünstlern der freien Schauspielszene. Die Profis der Theater- und Improvisationskunst haben gelernt, Bühnensituationen aus wechselnden Bühnenpersönlichkeiten heraus zu begreifen und verändernd in sie einzugreifen, anstatt sich beobachtend zu ergeben. Das lässt sich spielerisch vermitteln. Die Springer-Autoren Hans Joachim Hoppe, Jürgen Jünger und Tilo Esche benutzen die Theatermetapher um Unternehmensakteure zu diesem Perspektivwechsel anzuregen. In "Unternehmen und Theater" schreiben sie: " Das Benutzen der Theatermetapher hilft Menschen, zu ihrem Leben eine Subjektposition einzunehmen, Leben nicht als Notwendigkeit, Gesetzmäßigkeit, Zwang oder Schicksal zu sehen, sondern Leben als eigene Inszenierung, Gestaltung, Gestalt zu verstehen." (Seite 5) Unternehmenstheater lässt sich demnach in drei Formate unterscheiden (ab Seite 6):

  • Einfache Formate: Professionelle Aufführungen mit Eventcharakter zur Motivation und Unterhaltung der Belegschaft.
  • Qualifizierte Formate: Mitarbeiter und Führungskräfte des Unternehmens werden zu Mitwirkenden im Theater. Die Handlung ist mit dem Unternehmen entwickelt und auf dessen Konfliktsituationen zugeschnitten.
  • Trainingsorientierte Formate: Richten sich auf spezifische Fähigkeiten und Fertigkeiten der Wahrnehmung, der Kommunikation, des Umgangs mit Status und Rolle, der Kreativität.

Führende als Impro-Künstler?

Wenn Theater als Event eingesetzt wird, dann darf es der Belegschaft keine vorformulierten Lösungen auf Unternehmensfragen hin halten. Stattdessen ist der Auftraggeber zum ehrlichen Blick in den Spiegel aufgefordert. Seine Aufmerksamkeit lenkt er unter die verkrusteten Schichten seines Unternehmens und setzt damit Denkprozesse in Gang, die sich auf die Belegschaft übertragen. Er gibt die Impulse zu einem Theaterstück, mit dessen Hilfe Unternehmensangehörige Veränderungen, Krisen oder Konflikte gemeinsam bewältigen. 

Das spielerische Erkunden von Situationen steht bei der Improvisation im Mittelpunkt. Improvisation ist ein Prozess des Reagierens auf verstörende Einflussfaktoren und ein Ausprobieren von Handlungsmöglichkeiten. "Führende brauchen die Fähigkeit, eine Entscheidungssituation reifen zu lassen, der Versuchung zu widerstehen, immer sofort zu reagieren und dann im oft blinden Aktionismus zu landen, reflexartiges Handeln reflektiertem vorzuziehen", erklären die Autoren in "Führung und Improvisation" (Seite 20). Improvisationstheater liefert griffige Regeln, mit denen sich Führung professionalisieren lässt (ab Seite 24):

  • Nicht blockieren. Akzeptieren. Überakzeptieren: In abwegigen Ideen Potentiale erkennen
  • Sich einen deutlichen Status wählen. Status wechseln. Sich klare Rollen nehmen: Der Chef kann gegenüber einem Angestellten Tiefstatus spielen und der Angestellte kann gegenüber dem Chef Hochstatus spielen.
  • Beziehungen herstellen. In Kontakt gehen – geistig, emotional, körperlich. Emotionen zeigen: Wer viel spricht, zeigt wenig Emotion. 
  • Nicht dirigieren. Nicht glänzen wollen: Mitspieler gut dastehen lassen.
  • Nicht gegen Mitspieler spielen: Vertrauen haben.
  • Die Dinge entstehen lassen: Stille aushalten
  • Offen bleiben: Nicht vorwärts denken.
  • Routinen brechen: Gegen Erwartungen spielen. Risiko eingehen. Scheitern können
  • Mit Humor spielen.

Fazit: Gemeinsam haben Theater und Führung die Möglichkeit,  Menschen zur Reflexion anzuregen und sie Zustände aus der Draufsicht beurteilen zu lassen. 

print
DRUCKEN

Weiterführende Themen

Die Hintergründe zu diesem Inhalt

Das könnte Sie auch interessieren

06.05.2016 | Innovationsmanagement | Schwerpunkt | Online-Artikel

Was die Kreativität ankurbelt