Publiziert am: 10.03.2017

«Tabus bei der Firmennachfolge»

Helpy-Experten

Auf der Webplattform helpy empfiehlt die Stiftung KMU Schweiz ein Panel an ausgewiesenen Fachexperten zu den wichtigsten Fragestellungen für KMU. Im Vorfeld werden die einzelnen Experten kurz vorgestellt:

Jörg Sennrich, Geschäftsführer von Netzwerk KMU Next

Schweizerische Gewerbezeitung: In den nächsten fünf Jahren sollen mehrere 10 000 Schweizer KMU ihre Nachfolge regeln müssen. Wie beurteilen Sie die Situation?

n Jörg Sennrich: Viele Schweizer sind sich der volkswirtschaftlichen Relevanz unserer KMU-Landschaft und unseres Unternehmertums nicht oder zu wenig bewusst. Wenn in den Unternehmen keine Nachfolgeregelungen gefunden werden, bedeutet dies in der Regel das Aus für die betroffenen Firmen und deren Mitarbeitende. Es mangelt nach wie vor an handfesten Lösungsansätzen für den KMU-Unternehmer.

 

Welche Herausforderungen sehen Sie auf die Unternehmer zukommen?

n  Die Klärung der Unternehmensnachfolge an sich beinhaltet schon komplexe Fragestellungen. Die Unternehmer brauchen handfeste Unterstützung bei der Bewältigung der Herausforderungen des Marktes. Sie brauchen ein Umfeld, das ihnen den notwendigen unternehmerischen Handlungs- und Gestaltungsspielraum lässt.

 

30 Prozent der KMU finden keinen Nachfolger. Warum ist die Misserfolgsrate so hoch?

Die Regelung der Unternehmensnachfolge gestaltet sich sowohl als emotionaler als auch als wirtschaftlicher Prozess. Es gilt, im Prozess viele Einflussfaktoren zu berücksichtigen. Da es kein Patentrezept für «die Nachfolge» gibt, muss jeder Generationenwechsel individuell betrachtet werden. Grundsätzlich ist feststellbar, dass die Nachfolge nicht oder zu spät geplant und kaum in Szenarien gedacht wird. Viele Inhaber können vor allem nicht «loslassen».

 

Was müssen Unternehmer beachten, wenn sie in den nächsten Jahren ihre Nachfolge regeln sollten?

n  Am Anfang steht die Situationsanalyse mit konkreten Zielsetzungen, dem Vorgehen und Zeithorizonten. Wie soll die Zukunft des Unternehmens aussehen? Welche Nachfolgeszenarien gibt es und welches sind die Vor- und Nachteile? Die Familie und die Führungskräfte müssen involviert werden. Die Profilanforderungen für den geeigneten Nachfolger werden gebraucht. Hinzu kommen rechtliche und steuerliche Aspekte, die es zu berücksichtigen gilt.

 

Gibt es Tabus bei der Nachfolge?

n  Ja, es gibt diverse Aspekte, die nicht oder nur ungern angesprochen werden. Einer ist die Liquidation der eigenen Firma. Dieses Szenario wird oft verdrängt und gesellschaftlich als Versagen abgestempelt. Wird weder familienintern noch extern eine Lösung für die Firmenfortführung gefunden, bleibt einzig die geordnete Geschäftsaufgabe als Option übrig.

 

… das heisst, es frühzeitig anzupacken?

n  Ja, unbedingt. Die Unternehmensnachfolge ist eine der wichtigsten strategischen Herausforderungen des Unternehmens. Die Nachfolge lässt sich nicht vermeiden, doch sie lässt sich planen. Interview: CR

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