Schuldenkrise Auch Japan droht der Finanzkollaps

Die USA haben eine Pleite auf den letzten Drücker verhindert, in Europa grassiert das Schuldenvirus weiter - jetzt wackelt auch noch Japan. Wenn sich Regierung und Opposition nicht bald einigen, droht der Bankrott.

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Buddhistischer Mönch in Tokio: Die drohende Zahlungsunfähigkeit ist nur eines der Probleme Japans. Quelle: handelsblatt.com

Die finanzielle Situation in Japan spitzt sich immer weiter zu. Noch immer zeichnet sich keine Einigung zwischen Regierung und Opposition über ein Gesetz ab, dass der Regierung erlaubt, Staatsanleihen auszugeben. Damit droht dem Land die teilweise Zahlungsunfähigkeit, da etwa 40 Prozent des aktuellen Haushalts mit den Staatsanleihen abgedeckt werden sollen.

Katsuo Okada, Generalsekretär der Regierungspartei DPJ, forderte von der Opposition, ohne deren Zustimmung das entsprechende Gesetz nicht auf den Weg gebracht werden kann, ihr Veto zum Wohle des Staates aufzugeben. „Japan befindet sich in einer schlimmeren Situation als die USA “, sagte Okada in Tokio.

Tatsächlich drängt die Zeit, denn die bereits einmal verlängerte parlamentarische Sitzung endet in diesem Monat. Sollte bis dahin keine Einigung erzielt sein, stehen nicht nur die Gehälter der Staatsbeamten auf dem Spiel, sondern auch Gelder an die Regionalregierungen. Und nicht nur das: „Über 50 Prozent des Geldes soll in die Zinsen für bereits bestehende Staatsanleihen gehen“, sagte Okada.

Allein deshalb dürfte sich die Opposition nicht heraushalten, denn die bestehenden Staatsanleihen „kommen von der LDP.“ Okadas Partei DPJ hatte erst im August 2009 die davor rund 50 Jahre regierenden Liberaldemokraten abgelöst. Der Generalsekretär warnte zudem vor einer Abwärtsspirale, da die Rating-Agenturen bei Zahlungsunfähigkeit des Landes dessen Kreditwürdigkeit weiter abwerten würden.

Vieles hängt damit an der Opposition, insbesondere deren stärksten Partei LDP. Die aber nutzt ihre Weigerung, um Premierminister Naoto Kan zum Rücktritt zu zwingen und Pläne der DPJ, etwa zum Ausbau des Kindergeldes, zurückzudrehen. Kan wiederum will erst gehen, wenn das Ermächtigungsgesetz unter Dach und Fach sowie ein weiteres Gesetz beschlossen ist, dass den Ausbau der erneuerbarer Energien vorsieht. Okada appellierte an die LDP, ihre Position aufzugeben. Der Staatshaushalt dürfte nicht „als politisches Mittel missbraucht“, sagte er.

Probleme macht auch der Yen

Andernfalls müssten spätestens im September „qualvolle“ Einsparungen getätigt werden, wie Finanzminister Yoshihiko Noda bereits vor Tagen prophezeite. Und ausgeschlossen ist nicht, dass der Staat auch sein Tafelsilber verkaufen muss, wie etwa Anteile an Unternehmen wie NTT Docomo, Japan Tobacco oder Tokyo Metro. Die gesamten Aktien, die in etwa 34,5 Milliarden Euro einbringen könnten, sollen unter anderem in den Wiederaufbau vom Tsunami zerstörter Gebiete fließen.

Die drohende Zahlungsunfähigkeit ist aber nur eines der Probleme, dass dem durch Natur- und Atomkatastrophe schwer angeschlagenen Land droht. Die Wirtschaft leidet zugleich unter der beständigen Aufwertung der heimischen Währung. Japans Unternehmen, die zurzeit ihre von der Entwicklung des Yen gebeutelten Quartalszahlen vorstellen, machen deshalb immensen Druck auf Regierung und Notenbank, in den Devisenmarkt einzugreifen.

Stellvertretend für viele von ihnen ließ gestern Toshihiro Suzuki, der Sohn von Firmenboss Osamu Suzuki, seinen Frust heraus, indem er sagte, „ich finde es sehr traurig, dass es niemanden in Japan gibt, der etwas in Sachen Yen unternimmt.“ Auch sein Konzern müsse darüber nachdenken, die Produktion weiter ins Ausland zu verlagern.

Japans Offizielle halten sich derweil weiter bedeckt. „Ich äußere mich nicht dazu, ob wir oder ob wir nicht intervenieren und auch nicht zu dem Zeitpunkt“, sagte Finanzminister Noda am Mittwoch. Ein entsprechender Schritt müssen jedenfalls den größtmöglichen Effekt an den Finanzmärkten zu erzielen versuchen. Auch Premier Kan und Notenbankchef Masaaki Shirakawa äußerten sich besorgt, betonten aber, die Situation weiter aufmerksam zu beobachten. Gestern lag die japanische Landeswährung bei 77,06 Yen und damit kaum verändert zur letzten Notiz im späten US-Geschäft am Dienstag.

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