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Alles im Browser Mozilla plant Firefox-Betriebssystem

Ganz auf das Web ausgerichtet, offen und kostenlos für jedermann: Die Mozilla-Foundation, von der Firefox entwickelt wird, will um den Browser ein eigenes Betriebssystem basteln - und könnte damit Apple und Google Konkurrenz machen.
Firefox-Mobile-Logo: Bald ein eigenes Betriebssystem?

Firefox-Mobile-Logo: Bald ein eigenes Betriebssystem?

Foto: Yaroslaff Che

Hamburg - Der Titel sagt schon fast alles: "Booting to the Web", zu deutsch "ins Internet starten", ist ein Artikel im MozillaWiki  überschrieben, in dem die Entwicklung eines neuen offenen Betriebssystems angekündigt wird. Die Software soll auf Gecko basieren, einem grundlegenden Bestandteil des Web-Browsers Firefox und der E-Mail-Software Thunderbird. Daher kommt auch der Titel des Projekts: Boot to Gecko, kurz B2G, haben die Autoren es benannt. Ihr Ziel: "ein komplettes und eigenständiges Betriebssystem für ein offenes Web" zu entwickeln.

Das hört sich erst einmal nach Google an. Schließlich hat der Internetkonzern gerade die erste Version seines Online-Betriebssystems Chrome OS veröffentlicht, das auf speziellen Notebooks, den Chromebooks, läuft. Als Basis dafür diente Google der hauseigene Web-Browser Chrome. Die Software funktioniert nur, wenn man eine Internetverbindung hat, aber genau das ist auch die Idee hinter Chrome OS: Statt Programme und Daten im Gerät selbst zu speichern werden sie vom Chrome-Betriebssystem in die Datenwolke, die Cloud, ausgelagert. Sie werden auf Servern abgelegt, die irgendwo auf dem Globus stehen können, und per Online-Verbindung in den Arbeitsspeicher geladen.

Nach demselben Prinzip soll auch Boot to Gecko funktionieren. Nur, dass die Mozilla-Entwickler nicht Desktop-Rechner oder Notebooks versorgen wollen. Ihre Software soll auf Smartphones und Tablets laufen. Weil sie dafür das Rad nicht neu erfinden wollen, wollen sie Bestandteile von Googles Android-Betriebssystem übernehmen, allerdings nur einige grundlegende Dinge. "Wir planen so wenig wie möglich von Android zu verwenden ", schreibt Entwickler Andreas Gal in einem Forumsbeitrag. Von Google will man sich nicht abhängig machen, doch schließlich sei es "schön, mit etwas zu beginnen, von dem man weiß, dass es funktioniert und Zugang zu all jenen Geräten gewährt, die man unterstützen will".

Software für Cloud-Handys

Ein ausgesprochen pragmatischer Ansatz. Doch auf diese Weise steht vom Start weg ein gewaltiger potentieller Markt für das neue OS bereit. Durch die Verwendung von Android-Kernprogrammen könnte Boot to Gecko - zumindest theoretisch - auf Millionen Google-Handys installiert werden. Zudem, argumentiert Entwickler Randell Jesup, würden Hersteller von Handy-Chips, so wie Texas Instruments, bereits von sich aus die nötigen Software-Treiber bereitstellen, die man braucht, um ihre Chips mit Android zu verwenden.

Von Android selbst soll für die Anwender von Boot to Gecko aber nichts zu sehen sein. Auch Android-Apps sind mit dem Mozilla-Betriebssystem nicht kompatibel. Das würde dem Grundgedanken der Software widersprechen, deren Hauptzweck darin besteht, Web Apps, also Anwendungen, die im Web-Browser laufen und nicht als eigenständiges Programm, auf Smartphones eine leistungsfähige Plattform zu bieten.

Web-Apps, der zweite Versuch

Apple hatte so etwas schon mit dem ersten iPhone versucht. Heute, nachdem mehr als 15 Milliarden Apps aus dem App Store geladen wurden, vergisst man leicht, dass der US-Konzern ursprünglich die Installation fremder Software auf seinem Handy nicht vorgesehen hatte. Stattdessen sollten schon beim iPhone Web Apps, die im Browser laufen , den Funktionsumfang des Handys erweitern. Der Versuch scheiterte allerdings grandios, weil das Angebot mager, die Möglichkeiten mickrig und die Performance lausig waren.

Mit einem komplett auf Web Apps ausgerichteten Handy-Betriebssystem könnte das anders aussehen. Zum einen bieten moderne Smartphones mit ihren Dual- und bald auch Quadcore-Chips erheblich mehr Leistung als seinerzeit das iPhone, zum anderen sind die Mobilfunknetze seither besser ausgebaut und schneller geworden. Zudem ist ein Handy per se immer online, immer mit dem Mobilfunknetz verbunden, kann also immer auf Apps und Daten zugreifen - zumindest in den halbwegs mit Mobilfunktechnik erschlossenen Regionen der Welt.

Wer angesichts solcher Verheißungen ungeduldig mit den Füßen scharrt, muss sich in Geduld üben. Bisher gibt es für das Projekt Boot to Gecko nicht einmal einen Zeitplan. Stattdessen diskutieren Entwickler und Interessierte in Mozillas Foren eifrig über Details aber auch über grundlegende Fragen der geplanten Software-Entwicklung. Etwa, ob man statt Android nicht auch das von Nokia und Intel entwickelte Meego als Grundlage verwenden könnte.

Aber genau das ist es, was die Entwickler der Software sich gewünscht hatten, als sie ihren Plan veröffentlichten. "Wir sprechen schon jetzt darüber, weil wir die Expertise von allen Mozilla-Mitgliedern brauchen - und von jenen, die noch nicht dazu gehören." Mit einer kollektiven Ideensammlung anfangen - das ist eine der Stärken von Open Source. Es dauert nur manchmal etwas länger.