Lockdowns reduzierten Krankenstände 2020

30.12.2021

WIFO veröffentlicht Fehlzeitenreport

Seit 2007 beleuchtet das WIFO jährlich das Krankenstandsgeschehen der unselbständig Erwerbstätigen in Österreich. Der Fehlzeitenreport von Christine Mayrhuber und Benjamin Bittschi zeigt, dass im Jahr 2020 die gesundheitsbedingten Fehlzeiten in der österreichischen Wirtschaft gegenüber 2019 zurückgegangen sind.

Die Zahl der Krankenstandstage sank mit –6,3% deutlich stärker als die Zahl der Versicherten, die um 2,1% zurückging. Die unselbständig Beschäftigten verbrachten im Jahresverlauf durchschnittlich 12,7 Kalendertage im Krankenstand und damit um 4,2% weniger als 2019 mit durchschnittlich 13,3 Tagen. Die COVID-19-pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen, Hygienemaßnahmen und die räumliche Distanzierung ("Social Distancing") reduzierte die Krankheitslast der Beschäftigten. Der Anteil der Versicherten, die 2020 mindestens einmal im Krankenstand waren, sank von 64% (2019) auf 56,8%, die Krankenstandstage je Krankheitsfall stiegen von 9,7 auf 11,7 Tage an.

Der Fehlzeitenreport zeigt weiters, dass das Krankenstandsniveau derzeit niedrig ist: Die krankheitsbedingten Fehlzeiten erreichten 1980 mit 17,4 Krankenstandstagen pro Kopf ihren Höchstwert. In den vergangenen zehn Jahren schwankte die Zahl der Krankenstandstage pro Kopf zwischen 12,3 (2014) und 13,3 (2019). Eindeutig vorteilhaft wirkten hier die Reduktion der Arbeitsunfälle.

Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und jenen des Atemsystems verursachen zusammen 47,1% der Krankenstandsfälle und 39,9% aller Krankenstandstage.

Während die Krankenstandstage pro Kopf in den vergangenen Jahrzehnten rückläufig waren, zeigt sich eine Zunahme der Krankenstandstage aufgrund psychischer Erkrankungen: Im Schnitt dauert ein Krankenstand, über alle Krankheiten hinweg, 11,7 Tage, bei psychischen Erkrankungen sind es hingegen 42,1 Tage. Ein großer Teil der anfallenden Krankenstandstage bei psychischen Diagnosen wurde durch eine vergleichsweise geringe Anzahl von Krankenstandsfällen generiert.

Der Fehlzeitenreport belegt, dass mit zunehmendem Alter die Wahrscheinlichkeit von gesundheitlichen Problemen und Einschränkungen steigt, aber es kein einfacher, linearer Zusammenhang: Jugendliche unter 20 Jahren sind vergleichsweise häufig krank, ab dem 20. Lebensjahr gehen die altersspezifischen Krankenstandsquoten leicht zurück. Ab 45 Jahren steigt die durchschnittliche Zahl an Krankenstandstagen wieder an. Ältere Arbeitskräfte treten seltener einen Krankenstand an, sie sind jedoch oft von langen Krankenstandsfällen betroffen.

Mit dem steigenden Anteil älterer Erwerbspersonen braucht es eine Zunahme von Frühinterventionen und Wiedereingliederungsmaßnahmen in Österreich, um das produktive Erwerbspotential in Zukunft ausschöpfen zu können. Der zweite Teil des Fehlzeitenreports analysiert nationale und internationale Maßnahmen der Frühintervention im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen.

Die empirischen Befunde zeigen einen positiven ökonomischen Nutzen von Frühintervention und Re-Integrationsprogrammen.

Die internationale Evidenz zeigt einerseits, dass der Erfolg einer Maßnahme dann nachhaltig ist, wenn neben der Wiedergesundung auch Veränderungen am Arbeitsplatz vorgenommen und die krankheitsfördernden Faktoren reduziert werden. Andererseits brauchen Wiedereingliederungsprozesse klare Zuständigkeiten der Stakeholder wie auch eine gute Kommunikation zwischen ihnen. Mögliche Ansatzpunkte dafür sind im Bericht ebenso ausgeführt wie das Potential von e-Mental Health im Bereich der Wiedereingliederung.
 

Publikationen

Fehlzeitenreport 2021. Krankheits- und unfallbedingte Fehlzeiten in Österreich – Frühintervention, Wiedereingliederung und mentale Gesundheit (Absence from Work Report 2021. Absences Due to Sickness and Accidents in Austria – Early Intervention, Re-Integration and Mental Health)
Studien, Dezember 2021
Auftraggeber: Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien – Wirtschaftskammer Österreich – Dachverband der Sozialversicherungsträger
Studie von: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung
Online seit: 17.12.2021 10:00
 
Der Fehlzeitenreport vermittelt einen Überblick über Entwicklung und Verteilung der gesundheitlich bedingten Fehlzeiten in Österreich. 2020 verbrachten die unselbständig Beschäftigten durchschnittlich 12,7 Kalendertage im Krankenstand. Diese Zahl ist um einen halben Tag niedriger als im Vorjahr und entsprach einem Verlust an Jahresarbeitszeit von 3,5%. Die Beschäftigungsrückgänge 2020 führten sowohl zu Rückgängen der Fehlzeiten insgesamt aber auch je versicherter Person. Das Schwerpunktmodul widmet sich den Instrumenten der Frühintervention und Wiedereingliederung für Personen mit langen Krankenständen und psychischen Erkrankungen.
Rückfragen an

Mag. Christine Mayrhuber

Forschungsgruppe: Arbeitsmarktökonomie, Einkommen und soziale Sicherheit

Mag. Dr. Benjamin Bittschi

Forschungsgruppe: Arbeitsmarktökonomie, Einkommen und soziale Sicherheit
© Matteo Fusco/Unsplash
© Matteo Fusco/Unsplash