kleine tapfere Rose auf der rp11

CC by gibro (flickr)

Von Mittwoch bis Freitag trafen sich wie schon seit 5 Jahren an digitalen Medien interessierte Experten in Berlin. Ich konnte keine Besucher_innen ausmachen, denen man die Wikipedia erklären müsste, die mit dem Begriff nichts anfangen können oder die noch nie etwas von RSS gehört haben. Es konnte eine Menge an Vorwissen vorausgesetzt werden, es war ein Fachpublikum, dass sich in Berlin Mitte zusammengefunden hatte. Was will man also an Neuigkeiten erfahren, was nicht schon durch irgendein Blog gegangen ist? Genau deshalb kann ich auch nicht so richtig verstehen, warum die Erwartungen an die re:publica nicht erfüllt werden konnten, wie z.B. bei der lernspielwiese unter Punkt 3 kritisiert oder bei diegoerelebt. Wenn man sich dann noch in die Sessions setzt, die einem thematisch naheliegen, ist es um so verwunderlicher, wenn man nicht von News überrollt wird. Von einer Konferenz der Internetaktivist_innen zu sprechen halte ich wiederum auch für vorurteilsschwanger und unverhältnismäßig, ebenso wie vom Klassentreffen der Blogger_innen zu sprechen. Die 3000 Besucher_innen der re:publica war so indifferent wie man es von einer Veranstaltung dieser Größe erwarten sollte.

Was das Wlan angeht, fehlt mir einfach die Spucke für das Unverständnis der Kritiker_innen: Wie bitte soll ein Wlan mit 3000 Heavyusern stabil sein? Dass es zeitweise da war, war im Vergleich zu den vergangenen Jahren ein riesen Erfolg. Aus den viel zu kleinen Veranstaltungsorten in der Kalkscheune habe ich eine Tugend gemacht, die ich nicht bereut habe: Es war eine gute Gelegenheit Sessions zu besuchen, die nicht in unmittelbarer Reichweite des eigenen Erkenntnisgewinns liegen. So ist es mir zumindest mit 2 Sessions am 3. Tag gegangen. Zum einen am Morgen statt @mspro und Kontrollverlust, Cyberwar und seine Folgen für die Informationsgesellschaft anzuhören. Die dort beschriebenen Phänomene waren mir recht unbekannt, Knüwer hat die Highlights dieser Session irgendwo in der Mitte des langen Blogposts zusammengefasst. Am Nachmittag wollte ich eigentlich zur Makerbot Session, habe mich aber im Raum vertan und fand mich in einer Session über Dezentrale Cluster am Beispiel von Telecomix wieder, auch das war ein toller Vortrag, nicht nur wegen der Einblicke in die Organisationsstruktur eines Clusters, sondern auch wegen der Hintergrundinfos zum Einsatz von Modems während des Internetblackouts in Ägypten. Auch der Vortrag von Gunther Dück gehört zu meinen persönlichen Highlights dieser re:publica (das Video hatte ich schon im letzten Blogpost veröffentlicht, hier aber nochmal, schadet ja nicht).

Natürlich sind es auch die vielen Gespräche und Zusammentreffen mit den Autor_innen der eigenen Timeline. Viele sind einem im Laufe der Jahre sehr vertraut und ans Herz gewachsen, dennoch ist eine persönliche Begegnung auch ein Abgleich mit der Realität. Ich habe dabei wenig Enttäuschungen und sehr viele beeindruckende Menschen kennengelernt. Z.B. hat Alexander Lehmann, Autor des Films „Du bist Terrorist“ eine tolle Session über die Entstehung des Videos und die unterschiedlichen Reaktionen auf das Video aus seiner Perspektive geschildert. Das war eine der interessantesten Geschichten über eine Aktion, die gezeigt hat, wie letzendlich jeder mit einer guten Idee im Internet ein Millionenpublikum erreichen kann, ohne dabei selbst zum Star zu werden. Es ist aber auch ein Beispiel für politische Bildung: Jeder einzelne kann etwas bewegen, man muss es nur tun und nicht nur drüber reden. Vieles gerät nicht über die Aufmerksamkeitsschwelle, doch Einiges leuchtet dafür umso heller. Es ist nicht nur einfacher geworden, eine professionell aussehende Botschaft zu erstellen, sondern die Chancen, dass sie von Anderen gesehen und diskutiert wird ist ungleich höher als vor 10 Jahren und sollte zum Mitmachen anspornen.