Ratgeber

Tenhagens Tipps Lebensversicherung: Ausstieg ohne Verluste

Das BGH-Urteil gilt nicht für alle möglichen Arten von Renten- und Lebensversicherungen, sondern auch für Riester- und Rürupverträge.

Das BGH-Urteil gilt nicht für alle möglichen Arten von Renten- und Lebensversicherungen, sondern auch für Riester- und Rürupverträge.

(Foto: imago stock&people)

Eine Lebensversicherung zu kündigen ist meist ein Verlustgeschäft. Aus einigen Altverträgen kommt man aber ziemlich unkompliziert wieder heraus, ohne draufzuzahlen. Finanztip-Chef Tenhagen erklärt, wie das funktioniert.

Eine Renten- oder Lebensversicherung zu kündigen ist meist ein Verlustgeschäft. Die gezahlte Provision erhält man schließlich nicht zurück. Aus einigen Altverträgen kommt man aber ziemlich unkompliziert wieder heraus, ohne draufzuzahlen. Finanztip-Chef Tenhagen erklärt, wie das funktioniert.

n-tv.de: Letzte Woche hat der BGH ein neues Urteil zur Rückabwicklung von Lebensversicherungen gefällt. Worum geht es eigentlich?

Hermann-Josef Tenhagen: Konkret geht es um Lebens- und Rentenversicherungen, die zwischen Sommer 1994 und 2007 abgeschlossen wurden. Die Kunden haben damals eine schriftliche Belehrung über ihr Recht zum Widerspruch nach Hause geschickt bekommen. Innerhalb von 14 Tagen, später dann 30 Tagen, konnte man den Vertrag widerrufen. Nun ist es so, dass manche von diesen Widerrufsbelehrungen nicht korrekt waren. Und in solchen Fällen kann man auch jetzt noch einen alten Vertrag widerrufen, das hat der BGH schon im letzten Jahr entschieden. Macht man das, wird der komplette Vertrag rückabgewickelt.

Und worum ging es im jüngsten Urteil?

Diesmal ging es um die Frage, was genau man zurückbekommt. Klar war bislang, dass die Beiträge erstattet werden müssen plus die Zinsen, die damit erwirtschaftet wurden. Jetzt hat der BGH geklärt, welche Kosten der Versicherer davon abziehen darf. Das ist zum einen die Kapitalertragssteuer, die er abgeführt hat. Zum anderen sind das die Beiträge für den Versicherungsschutz, den man als Kunde in dieser Zeit genossen hat. Also beispielsweise die Prämie für die Risikolebensversicherung oder für eine gekoppelte Berufsunfähigkeitspolice. Die darf die Versicherung einbehalten. Das Geld, das die Versicherung für Provisionen und Verwaltungskosten eingesteckt hat, muss sie hingegen wieder auszahlen. Die Argumentation: Die Versicherung hat einen Fehler gemacht und dafür soll der Kunde nicht zahlen müssen.

Wer seine Versicherung storniert hat, kann sich jetzt also noch einen Nachschlag holen?

Das kommt drauf an, wie die Versicherung gerechnet hat. Man sollte auf jeden Fall nochmal nachschauen, wie sich die Auszahlung zusammensetzt. Gegebenenfalls kann man noch Geld nachfordern. Bei Finanztip haben wir einen Musterbrief, den man herunterladen kann, wenn man den Vertrag rückabwickeln will.

Kann man damit rechnen, dass die Versicherungen anstandslos bezahlen?

Das Urteil ist eindeutig. Ich gehe nicht davon aus, dass sich die Versicherungen jetzt noch querstellen werden. Zumindest nicht bei der Rückzahlung von Provisionen und Verwaltungskosten. Probleme könnte es grundsätzlich bei der Entscheidung geben, ob die Widerrufsbelehrung korrekt war oder nicht. Diese ursprüngliche Frage stellt sich nach wie vor, wenn man noch nicht widerrufen hat. Darüber hinaus könnten Auseinandersetzungen um die Zinsen drohen. Der normale Kunde kann die Zinsen ja nicht ausrechnen. Ich würde zunächst mal die üblichen fünf Prozent veranschlagen und dann abwarten, wie die Versicherung reagiert.   

Woran erkennt man denn überhaupt, ob die Widerrufsbelehrung fehlerhaft war?     

Da gibt es einige ganz typische Sachen. Zum einen darf in Verträgen, die seit 2002 abgeschlossen wurden, kein schriftlicher Widerspruch verlangt werden. Stattdessen reicht die Textform, das heißt, die Kündigung muss auch per E-Mail möglich sein. Außerdem sollte man sich die Regelung zur Widerrufsfrist anschauen. Entscheidend ist hier nicht, wann der Widerruf beim Versicherer eingeht, sondern dass er innerhalb der Frist abgesendet wird.

Und zuletzt ist wichtig, dass die Widerrufsbelehrung nicht irgendwo im Text versteckt, sondern so deutlich hervorgehoben ist, dass man sie auch finden kann. Das ist natürlich auch Ermessenssache. Aber wenn man die Widerrufsklausel nur nach gezielter Suche finden kann, ist das nicht so, wie es sein sollte.

Angenommen, man kann seinen Vertrag widerrufen. Soll man das auch?

Es kann schon sein, dass ein Vertrag früher teuer und ungünstig war, aber aus heutiger Perspektive durchaus attraktiv ist. Angenommen man hat eine Versicherung aus den späten 90er-Jahren mit vier Prozent Garantiezins. Da muss man sich schon ausrechnen, ob die Konditionen nicht doch attraktiver sind als das, was man heute mit dem Geld machen könnte. Bis 2004 abgeschlossene Verträge werden nach 12 Jahren außerdem steuerfrei ausgezahlt. Auch das sollte man berücksichtigen. Wer die Rendite seines Vertrags prüfen will, kann unseren Rechner nutzen. Bei jüngeren Verträgen, die zwischen 2005 und 2007 abgeschlossen wurden, waren die Konditionen schon schlechter, außerdem hat man wahrscheinlich noch kaum Gewinne erwirtschaftet, weil man ja erst die Abschlusskosten abbezahlt hat. Hier könnte der Widerruf schon sinnvoll sein.

Wenn man einfach nur an sein Geld will, ist der Widerruf fast immer die beste Option. Alternativ könnte man den Vertrag beleihen oder ihn verkaufen. In den meisten Fällen ist es aber viel günstiger, die Versicherung einfach zu stornieren. 

Mit Hermann-Josef Tenhagen sprach Isabell Noé

Quelle: ntv.de

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