Politik

Moskau dementiert Militäreinmarsch Kiew meldet russische Truppen in der Ukraine

Seit Tagen gibt es Gerüchte, dass das russische Militär in ukrainisches Gebiet vorrückt.

Seit Tagen gibt es Gerüchte, dass das russische Militär in ukrainisches Gebiet vorrückt.

(Foto: dpa)

Fünf Monate nach der Krim-Annexion rückt das russische Militär offenbar immer weiter in die Ostukraine vor. Eine wichtige ukrainische Grenzstadt sowie mehrere umliegende Dörfer sollen erobert worden sein. Moskau wehrt ab - man sei nicht an einer Entsendung von Truppen interessiert.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat schwere Vorwürfe gegenüber Russland erhoben. "Ich habe einen Besuch in der Türkei abgesagt, (...) da eine Intervention russischer Streitkräfte in der Ukraine stattfand", teilte Poroschenko in Kiew mit. Die Lage im Raum Donezk, darunter die Ortschaften Amwrosijewka und Starobeschewo, habe sich "extrem verschärft". In einer Krisensitzung des nationalen Sicherheitsrats soll nun über die nächsten Schritte beraten werden, heißt es in einer Mitteilung auf der Internetseite des Präsidialamtes. Weil "russische Truppen in die Ukraine gebracht wurden", habe er eine Reise in die Türkei abgesagt. "Der Platz des Präsidenten ist heute in Kiew."

Auch eine Beraterin Putins spricht von einem militärischen Eingreifen. Das Mitglied des Beratergremiums zu Menschenrechtsfragen des russischen Präsidenten sagt, sie halte das russische Vorgehen in der Ukraine für eine Invasion.

Moskau: Kein Interesse an Invasion

Russland wies dagegen die Vorwürfe eines militärischen Einmarsches zurück. Moskau habe "keinerlei Interesse" an einer Invasion in der Ostukraine, sagte Russlands OSZE-Vertreter Andrej Kelin in Wien. "Wir haben ganz klar gesagt, dass Russland mit Ausnahme von zehn Grenzsoldaten keine Truppen in der Ostukraine hat", sagte er nach einer Sondersitzung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Zu den aktuellen Berichten könne er nur sagen, dass Russland nicht an einer Entsendung von Truppen interessiert sei.

Die westlichen Bedenken entbehrten jeder Grundlage, betonte Kelin. Auch die andauernden Vorwürfe der Führung in Kiew seien "sinnlos". "In Nowoasowsk ist die ukrainische Armee nach zehn Artillerieschüssen weggelaufen und hat das Feld kampflos den Separatisten überlassen - das ist alles, was passiert ist", sagte Kelin unter Berufung auf den Bürgermeister der Stadt Nowoasowsk. Das ukrainische Militär hatte zuvor mitgeteilt, die Kontrolle über eine Grenzregion im Südosten weitgehend verloren zu haben, und Einheiten aus dem Nachbarland dafür verantwortlich gemacht.

Grenzstadt erobert

Dem ukrainischen Sicherheitsrat zufolge befinden sich Nowoasowsk sowie mehrere umliegende Dörfer jedoch in russischer Hand. Die ukrainischen Soldaten hätten sich aus der Ortschaft zurückgezogen, um ihr Leben zu retten. Die Separatisten würden zusammen mit russischen Truppen ihre Gegenoffensive im Südosten des Landes vorantreiben. Die ukrainische Armee konzentriere sich in der Region daher nun auf die Verteidigung der Stadt Mariupol.

Die ukrainische Führung wirft den Separatisten vor, hier eine "zweite Front" zu eröffnen. Die Region Mariupol am Asowschen Meer ist die Landverbindung zwischen Russland und der von Moskau im März einverleibten Halbinsel Krim.

Tausende russische Soldaten kämpfen mit

Bereits am Mittwoch hatte ein Militärsprecher von mehr als 100 russischen Fahrzeugen gesprochen, die im Osten der Ukraine unterwegs seien. Erstmals hat ein Anführer der Separatisten im Osten der Ukraine auch bestätigt, dass reguläre russische Truppen in dem Konflikt kämpfen. Die Soldaten seien jedoch nur kurzfristig im Land, während ihres Urlaubs. "Ich werde offen sagen, dass an unserer Seite aktive Soldaten kämpfen, die ihren Urlaub nicht am Strand verbringen wollen", sagte Alexander Khartschenko, Ministerpräsident der selbsterklärten Volksrepublik Donezk laut einem Bericht der staatlichen russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti. "Sie sind unter uns als Brüder, die für ihre Freiheit kämpfen."

Die prorussischen Separatisten erklärten, sie würden seit langem von Soldaten aus dem Nachbarland unterstützt. "Wir haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass es unter uns viele Russen gibt, ohne deren Hilfe wir es sehr schwer hätten", sagte der Separatistenführer Andrej Sachartschenko dem russischen Fernsehsender Rossija-24. "In unseren Reihen hat es etwa 3000 bis 4000 gegeben. Viele sind heimgefahren. Viel mehr sind aber geblieben. Leider gab es auch Tote." Unter den "Freiwilligen" seien viele reguläre russische Soldaten, die ihre Freizeit an der ostukrainischen Front verbringen würden. "Sie ziehen es vor, ihren Urlaub nicht am Strand, sondern Schulter an Schulter mit ihren Brüdern zu verbringen, die um die Freiheit des Donbass kämpfen."

Poroschenko forderte mit Nachdruck Sondersitzungen des UN-Sicherheitsrats und des EU-Rates. "Die Welt muss sich zur heftigen Verschärfung der Lage in der Ukraine äußern", forderte Poroschenko, der am Samstag am Rande des EU-Sondergipfels in Brüssel erwartet wird.

Quelle: ntv.de, dsi/rts/dpa/DJ

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