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Asthma-Risiko

Entwarnung für Paracetamol während der Schwangerschaft

Zwar haben Studien gezeigt, dass die Einnahme von Paracetamol während der Schwangerschaft mit einem erhöhten Asthmarisiko beim Kind assoziiert ist. Das Schmerzmittel scheint aber nicht der Grund zu sein. Eine neue Studie kommt zu dem Schluss, dass Paracetamol und andere Analgetika als sicher in der Schwangerschaft gelten.
Daniela Hüttemann
19.03.2019  13:32 Uhr

Forscher um Professor Dr. Seif Shaheen von der Queen Mary University of London haben anhand der Daten von knapp einer halben Million Schwedinnen untersucht, ob Paracetamol wirklich die Ursache für ein erhöhtes Asthmarisiko bei Kindern ist, deren Mütter das Schmerzmittel während der Schwangerschaft eingenommen hatten. Der Epidemiologe und Asthmaexperte Shaheen selbst war der erste gewesen, der in früheren Studien einen entsprechenden Zusammenhang gefunden hatte. »Die Verbindung wurde mittlerweile in einer Reihe von Studien aus anderen Ländern nachgewiesen, doch bislang wurde kaum untersucht, wie das Asthmarisiko durch andere Schmerzmittel einzuschätzen ist«, sagt Shaheen in einer Pressemitteilung zur Studie, die jetzt im »European Respiratory Journal« veröffentlicht wurde.

»Wir wissen auch nicht, ob der Zusammenhang zwischen Paracetamol und Asthma kausal ist, oder ein andere Faktor dafür verantwortlich ist«, so der Mediziner weiter. Der einzige Weg, das herauszufinden, wäre eine prospektive Studie, bei der schwangere Frauen zufällig aufgeteilt werden, ob sie Paracetamol oder nicht bekommen. Dies wäre jedoch ethisch nicht vertretbar.

Shaheen und sein Team wählten einen anderen Ansatz: Sie untersuchten zusammen mit Forschern des Karolinska-Instituts in Stockholm Registerdaten aus Schweden von 492.999 Müttern und ihren Kindern. Sie analysierten die Verordnungen für verschiedene Schmerzmittel während der Schwangerschaft und die Raten der Asthmadiagnosen bei den Kindern. Zudem schauten sie sich andere Daten über die Mütter, Väter und Geschwister an.

Zwar fanden sie auch hier wieder ein erhöhtes Asthmarisiko unter Einnahme von Paracetamol während der Schwangerschaft (relativer Risikoanstieg um 50 Prozent bei Fünfjährigen). Das Risiko war aber ähnlich erhöht wie unter Verordnung von Opioiden wie Codein und Tramadol (42 Prozent) sowie Migränemitteln (48 Prozent). »Diese Schmerzmittel wirken auf unterschiedliche Art und Weise«, erklärt Shaheen. »Wir halten es für unwahrscheinlich, dass die Arzneistoffe für das Asthma verantwortlich sind.« Die Wissenschaftler glauben, dass ein anderer, bislang nicht gemessener Faktor das erhöhte Asthmarisiko verursacht. Das könnten zum Beispiel chronische Schmerzen sein, weshalb überhaupt ein Analgetikum verordnet wird.

»Schwere Schmerzen und der Stress, den sie auslösen, haben deutliche Effekte auf den Körper, auch auf die Hormonspiegel«, gibt Shaheen zu bedenken. So gebe es auch Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Stress während der Schwangerschaft und einem erhöhten Asthmarisiko. »Falls dies der Fall sein sollte, ist ein gutes Schmerzmanagement während der Schwangerschaft wichtig – wir sollten nicht die Verordnung von Analgetika vermeiden, wenn Schwangere sie brauchen«, meint der Forscher.

Der Arzt versichert: »Frauen, die selten Paracetamol in der Schwangerschaft nehmen, können sicher sein, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass sich das Asthmarisiko für ihr Kind erhöht.« Paracetamol ist und bleibt empfohlen bei Schmerzen und Fieber während der Schwangerschaft – eine klinische Studie wie oben beschrieben, sei wahrscheinlich nicht nötig.

Die große Studie zeige, dass kein einfacher Ursache-Wirkungs-Effekt hinter Paracetamol und einem erhöhten Asthmarisiko steckt, meint Professor Dr. Tobias Welte von der Medizinischen Hochschule Hannover, der nicht in die Studie involviert war. »Das bedeutet, dass Paracetamol weiterhin schwangeren Frauen verordnet werden sollte, wenn sie es brauchen«, so der Präsident der European Respiratory Society. Es müsse jedoch weiter erforscht werden, wieso so viele Kinder Asthma entwickeln.

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