Eine tragische Laufbahn

Die SVP machte 2011 einen Fehler, als sie Bruno Zuppiger zum Bundesratskandidaten kürte. Doch es wäre zu kurz gegriffen, den Hinwiler Politiker nur auf seinen spektakulären Sturzflug zu reduzieren.

René Zeller
Drucken
Plötzlicher Tod: Das Herz von Bruno Zuppiger hat unerwartet aufgehört zu schlagen. Er ist in der Nacht auf Freitag 63-jährig verstorben. (Bild: Archivaufnahme Reuters)

Plötzlicher Tod: Das Herz von Bruno Zuppiger hat unerwartet aufgehört zu schlagen. Er ist in der Nacht auf Freitag 63-jährig verstorben. (Bild: Archivaufnahme Reuters)

Es wurde still um Bruno Zuppiger in den letzten Jahren. Der Eklat von 2011, als der Zürcher SVP-Nationalrat vom offiziellen Bundesratskandidaten zur politischen Persona non grata mutierte, wog zentnerschwer. Jetzt ist Bruno Zuppiger ganz verstummt. Kurz vor seinem 64. Geburtstag ist er einem plötzlichen Herzversagen erlegen.

Die Erinnerung an den Verstorbenen, der aufgrund seines umgänglichen Wesens als atypischer Vertreter der Zürcher SVP galt, wird überschattet von einer Hiobsbotschaft im Dezember 2011. Die «Weltwoche» wartete mit der Nachricht auf, der Unternehmer Zuppiger habe das Erbe einer verstorbenen Mitarbeiterin veruntreut. Die Enthüllung schlug ein wie ein Blitz. Denn wenige Tage zuvor hatte die SVP-Bundeshausfraktion Bruno Zuppiger als offiziellen Bundesratskandidaten nominiert. Was folgte, war der Absturz eines ambitionierten Politikers, der sich in den Jahren zuvor in zäher Arbeit Respekt verschafft hatte.

Die SVP nahm ihren Zürcher Bundesratskandidaten postwendend aus dem Rennen, und ihr Versuch, einen zweiten Regierungssitz zu erringen, zerschellte brüsk. Zuppiger selber verlor jegliche Rückendeckung. Noch im Dezember 2011 gab er seinen sofortigen Rücktritt als Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbandes bekannt. Im Februar 2012 vereinbarte die Rennleitung der Zürcher Kantonalpartei mit ihrem tief gefallenen Mitglied, dass sein Rücktritt aus dem Nationalrat unausweichlich werde, sobald es zur Anklage komme. Im September 2012 war es so weit. Bruno Zuppiger verliess den Nationalrat. Im Januar 2013 folgte der Richterspruch: Der unfeine Geschäftsführer Zuppiger wurde wegen Veruntreuung zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 13 Monaten verurteilt.

Es wäre allerdings zu kurz gegriffen, würde man Bruno Zuppigers Wirken im öffentlichen Rampenlicht auf den spektakulären Sturzflug reduzieren. Der ausgebildete Lehrer fand als Funktionär des Zürcher Gewerbeverbands den Weg in die Politik. Von 1991 bis 1999 gehörte der Hinwiler dem Kantonsrat an. Nach seiner Wahl in den Nationalrat etablierte er sich rasch als finanzpolitischer Wortführer seiner Partei. Dass er mitunter als «Obersparer der Nation» tituliert werde, störe ihn nicht, konstatierte er mit stoischer Ruhe. Zudem avancierte Zuppiger, der in der Armee ein Rettungsregiment kommandiert hatte, sukzessive zum einflussreichen Verfechter einer starken Landesverteidigung.

Lange gehörte Bruno Zuppiger innerhalb der SVP zur zweiten Garde. Dass er es dennoch – wenn auch nur sehr kurzzeitig – zum Bundesratskandidaten brachte, ist seinem konkordanten Naturell zuzuschreiben. Er agierte als Brückenbauer, nicht als Scharfmacher. Zuppiger gehörte dem vertrauten Zirkel bürgerlicher Finanzpolitiker an, die während der Sessionen am Frühstückstisch fraktionsübergreifende Weichen stellten. Wenn er sich in den Reihen der Ratslinken bewegte, herrschte auch dort keine Alarmstimmung. Aufgrund seines jovialen Auftretens war Bruno Zuppiger im Bundeshaus wohlgelitten. Deswegen beargwöhnten ihn zwar gewisse Parteifreunde. Aber 2011 war es Christoph Blocher persönlich, der den Hinwiler als Kandidaten für einen zweiten Bundesratssitz portierte. Wenn schon im Parlament die Meinung vorherrsche, Zuppiger wäre ein salonfähiger Bewerber, dann biete die SVP Hand, lautete parteiintern die Losung. Der Rest ist bekannt.

Bruno Zuppiger war ein Bonvivant. Der Vater von fünf Kindern hielt grosse Stücke auf konservative Werte, er trat auch öffentlich – oft zusammen mit seiner Frau Rösli – für die traditionelle Familien ein. Wenn auf dem Bachtel dem Schwingsport gefrönt wurde, verfolgte Zuppiger das Geschehen aufmerksam. Von der Postur her hätte man ihm zugetraut, dass er auch im Sägemehl nicht verloren gewesen wäre. Jetzt ist der Zürcher Oberländer, dessen politische Karriere eine so tragische Wende nahm, nicht mehr unter uns.

Zum Thema