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Medizinische Versorgung und Beratung

Mehr Hilfen für Obdachlose geplant

Der Winter naht und damit die schwerste Zeit für Obdachlose. Der Versuch, diesen Menschen zu helfen, läuft bislang oft ins Leere. In Berlin haben Experten nun Empfehlungen vorgestellt und gezeigt, wo die Politik ansetzen muss.
dpa
11.10.2018  10:36 Uhr

Neun Arbeitsgruppen haben gestern in Berlin Empfehlungen für eine bessere Obdachlosenhilfe vorgestellt. Auf der zweiten Strategiekonferenz Wohnungsnothilfe des Senats für Integration, Arbeit und Soziales zeigten die Gruppen erste Ergebnisse ihrer monatelangen Arbeit. Die Teams setzten sich aus Vertretern der Zivilgesellschaft und den Berliner Bezirken zusammen.

Sie forderten, die Zahl der Notübernachtungsangebote in der Hauptstadt zu erhöhen. Bis zu 1200 Menschen sollen dort gleichzeitig unterkommen können, und zwar über das gesamte Jahr. Jens Aldag vom sozialen Träger Gebewo warnte allerdings vor einer Überlastung der Kältehilfe: »Das ist eine totale Überforderung für die Ehrenamtlichen«, sagte er.

Auch der Zugang zum Gesundheitssystem für Wohnungslose müsse dringend verbessert werden, erklärte Ulrike Kostka vom Caritasverband Berlin. »Niemand darf auf der Straße sterben«, sagte sie. Das gelte auch für Obdachlose aus Ländern der Europäischen Union (EU). Von ihnen gibt es immer mehr in Deutschland und sie müssten dringend eine bessere medizinische Versorgung bekommen, so Kostka. Für Obdachlose aus der EU soll künftig eine spezielle Anlaufstelle eingerichtet werden. Dort sollen sie sich über ihre Rechte informieren können, zum Beispiel ihren Rechtsanspruch auf Unterbringung. Viele wüssten davon nichts, so die Experten.

Prävention hilft am besten

Die beste Hilfe für Obdachlose sei immer noch die Prävention, betonten die Initiatoren der Konferenz. Wenn etwa Menschen mit Miet- oder Energieschulden frühzeitig geholfen werde, landeten sie gar nicht erst auf der Straße. Man müsse prüfen, ob die Jobcenter Mietschulden häufiger und vor allem schneller übernehmen könnten. Außerdem brauche es ein Frühwarnsystem, damit Behörden Mietern rechtzeitig helfen können.

Die Experten regten auch an, besondere Gruppen wie obdachlosen Familien, Frauen, junge Menschen, Flüchtlinge und Menschen mit Behinderung stärker in den Blick zu nehmen. Junge Wohnungslose zwischen 15 und 25 Jahren, die ohne ihre Eltern auf der Straße leben, müsse der Weg in die Selbstständigkeit geebnet werden, etwa durch die Vermittlung einer eigenen Wohnung. Zwangsräumungen von Wohnungen, in denen Kinder leben, müssten gestoppt werden. Das fordert die Gruppe um Birgit Münchow vom AWO Landesverband Berlin. Außerdem sollen weitere Notfalleinrichtungen speziell für Frauen und Familien geschaffen werden.

Bislang weiß niemand genau, wie viele Obdachlose es überhaupt gibt. Eine Arbeitsgruppe beschäftigte sich mit der Einführung einer Statistik als bessere Grundlage für Hilfsangebote. Erfasst werden sollen nicht nur Obdachlose, sondern auch Menschen, die vom Verlust ihrer Wohnung bedroht sind. Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) zeigte sich sehr zufrieden mit den Ergebnissen der Konferenz. »Sie sind umsetzbar«, sagte sie. Die Ergebnisse der Konferenz sollen in einen Maßnahmenkatalog einfließen. Daraus soll Anfang 2019 eine neue Leitlinie der Wohnungslosenpolitik entstehen. /

Foto: Shutterstock/Srdjan Randjelovic

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