Sie sind so viele, wie die EU Bürger hat, und fast so viele wie die Einwohner Nordamerikas. Eine halbe Milliarde Menschen bevölkert inzwischen den Kontinent Facebook, den es bloß als dunkelblau umrandete Webseite im Internet gibt.

Facebooks Erfolg ist auf den ersten Blick ein erstaunliches Phänomen. Einige behaupten gar, sich bei Facebook wieder abzumelden, sei schwerer, als mit dem Rauchen aufzuhören. Der Vergleich ist nicht so schlecht. Schließlich ist bei Facebook kaum einer über seine Mitgliedschaft wirklich glücklich. Die Facebooker können es nur nicht lassen. In einer aktuellen Verbraucherumfrage haben amerikanische Nutzer dem Netzwerk schlechtere Noten gegeben als dem Internetauftritt ihres Finanzamts.

Und die 500 Millionen sind auch noch erstaunlich aktiv. Es sind diejenigen nicht mitgezählt, die sich nur angemeldet haben und seitdem als reiner Name in der Datenbank stehen. Mindestens einmal im Monat machen diese 500 Millionen etwas in diesem sozialen Netzwerk, 30 Milliarden Links, News, Kommentare, Fotos oder Videos landen in diesem Zeitraum bei Facebook. Deutschland liegt mit seinen zehn Millionen Mitgliedern übrigens eher im Mittelfeld, Amis und Briten sind, prozentual an der Bevölkerung gemessen, noch viel begeisterter, wie etwa auch Island, Hongkong oder Norwegen.

Die Hauptprobleme heißen Zeitverschwendung, Probleme mit Datenschutz und Sicherheit . Immer wieder gibt es Aufrufe zum Massenaustritt , aus Protest etwa gegen neue Nutzungsbedingungen, mit denen Facebook-Chef Mark Zuckerberg den Mitgliedern noch ein bisschen mehr Aufsicht über ihre Daten abluchsen will. Keiner dieser Aufrufe hatte nennenswerte Konsequenzen. Es gibt auch keine nennenswerte Alternative zu Facebook. Und wenn es sie gäbe, wäre die Völkerwanderung dorthin alles andere als ausgemacht. Wenn alle anderen da sind, geht man nicht so einfach auf die nächste Party, nur weil da der Schnaps besser schmeckt.

Dennoch hier die schockierende These: Bald wird sich einer über Facebook so wenig wundern, wie man auch nicht erstaunt nachfragen würde: „Was, du machst mit bei diesem Wahnsinn namens Telefonbuch?“ Oder: „Was, du gehst abends zu fremden Leuten in die Bar, anstatt gemütlich zu Hause wirklich guten Wein zu trinken?“ Fragt ja auch keiner: „Ist das nicht doof, gefährlich gar?“

Vielleicht wird Facebook selbst irgendwann links liegen gelassen, weil es etwas noch geileres, die menschlichen Grundbedürfnisse kitzelndes großes Ding im Netz geben wird. Facebook ist nichts anderes als die digitale Antwort auf die urmenschliche Suche nach Anerkennung und Geselligkeit. Die meisten Menschen können gar nicht genug davon kriegen. Laut gibt das keiner zu, insgeheim jedoch ist Facebook genau der Beweis für diese These; ausgerechnet weil es so mangelhaft und unterirdisch ist – und trotzdem fast alle mitmachen. Und sei es auch nur aus Angst, etwas zu verpassen.

Natürlich gibt es immer noch eiserne Verweigerer im Bekanntenkreis. Aber das sind die gleichen, die früher nie ins Fitnessstudio gegangen wären oder ein Handy gekauft hätten. Die dem Punkrock treu blieben, obwohl die anderen längst Elektro hörten. Heute haben sie die besten DJ-Sets auf ihrem iPod. Facebook haben sie nicht nötig, weil sie genug Freunde haben. Ja, ja. Irgendwann kriegt Facebook auch sie. Facebook, oder das nächste soziale Ding im Netz, kriegt sie alle.