Unterschlupf bei Caritas: "Not schläft nicht"

Michael Landau mit einer Bewohnerin im „Haus Elisabeth“
Hilfsaktion. 70.000 brauchten Hilfe. Neue Inlandskampagne für Mütter und Kinder in Not.

Die Menschen stehen vor der Frage: Miete zahlen, Wohnung heizen oder etwas zu essen kaufen?", schildert Caritas-Präsident Michael Landau. "Not spielt sich oft hinter Wohnungstüren ab, verschämt, versteckt. Aber Armut hat ein Gesicht. Sehr oft das einer Frau."

70.000 Menschen half die Caritas im Vorjahr aus. Ein Drittel der Betroffenen hat nach Abzug aller Fixkosten wie Miete, Strom oder Kreditraten nur 185 Euro monatlich übrig und davon müssen Lebensmittel bezahlt werden, Hygieneartikel, Kleidung oder Schulsachen für die Kinder. "Der Druck an den Rändern der Gesellschaft ist spürbar. Aber das Problem hat auch die Mittelschicht längst erreicht", mahnt er.

Wenn die Wohnung verloren ist und gar nichts mehr bleibt, bietet die Caritas Unterschlupf, zumindest kurzfristig. In Graz sind das etwa das "Haus Elisabeth", eine Notschlafstelle für Frauen, oder die "Arche 38" für Männer. 9010 Nächtigungen gab es dort im Vorjahr.

Im "Haus Elisabeth" kamen 2013 258 Frauen mit 114 Kindern unter. Eine davon war die 38-jährige Emilia aus Rumänien. Die Mutter von zwei Buben im Alter von neun und zwölf Jahren flüchtete vor ihrem gewalttätigen Ehemann. Drei Wochen blieb sie in der Einrichtung, mittlerweile ist sie geschieden und lebt mit ihren Kindern in einer Caritas-Wohnung.

Schweigen der Elite

Müttern und Kindern in Not widmet die Caritas ihre diesjährige Inlandskampagne. Dafür wurden eigene Spendenprodukte gestaltet: 30 Euro kostet ein "Mutter-Kind-Hilfspaket", das Frauen in Not Kleidung, finanzielle Unterstützung oder Beratung zukommen lässt.

Caritas-Chefs sind aber gesellschaftskritisch. Franz Küberl, steirischer Direktor, fordert die Politik energisch auf, mehr gegen die Arbeitslosigkeit zu tun, niederschwellige Jobs zu schaffen, vor allem die Jugendlichen nicht ohne bezahlte Arbeit zu lassen. "Das Schweigen der Elite, wenn die Arbeitslosigkeit jeden Monat um elf Prozent steigt, ist nicht hinzunehmen."

www.caritas.at/spenden

1,2 Millionen Österreicher gelten gemäß einer EU-Definition als armutsgefährdet: Sie haben monatlich weniger als 1104 Euro netto zum Leben zur Verfügung. Diese Summe gilt als Grenze zur Armutsgefährdung.

Am stärksten davon betroffen sind mit 43 Prozent die Langzeitarbeitslosen.

In Österreich gilt laut Caritas jedoch der wesentlich niedrigere Ausgleichzulagenrichtsatz als Armutsgrenze: Sie beträgt für Alleinstehende rund 858 Euro.

Laut Caritas hängen Bildungsniveau und Armut zusammen: Demnach sind 19 Prozent der Menschen mit Pflichtschulabschluss armutsgefährdet, bei den Maturanten sind es 13 Prozent, bei den Menschen mit Lehrabschluss elf Prozent.

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