Einigung im Gasstreit unterzeichnet

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Die Ukraine und Russland haben sich im Gasstreit geeinigt. Sie unterzeichneten gemeinsam mit EU-Kommissar Oettiner zwei Abkommen.

Nach monatelangen Verhandlungen haben die Ukraine und Russland in ihrem Gasstreit am Donnerstagabend eine Einigung erzielt. Die Energieminister beider Länder sowie die Chefs der Versorger Gazprom und Naftogaz unterzeichneten gemeinsam mit EU-Energiekommissar Günther Oettinger in Brüssel zwei entsprechende Abkommen.

"Wir können den Bürgern Europas heute sagen: Die Versorgungssicherheit ist gewahrt", sagte Oettinger, der die Verhandlungen im Auftrag der EU geleitet hatte. Die Verhandlungen seien hart, aber sachorientiert gewesen. "Wir haben in kriegsähnlichen Zuständen klug gehandelt", erklärte Oettinger mit Blick auf die Kämpfe zwischen ukrainischer Armee und pro-russischen Separatisten in der Ostukraine in den vergangenen Monaten.

"Verlässlicher Gasversorger"

Der scheidende EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso äußerte die Hoffnung, dass die Vereinbarung dazu beitrage, das Vertrauen zwischen der Ukraine und Russland zu stärken. Der russische Energieminister Alexander Nowak sagte, dass sein Land immer ein verlässlicher Gasversorger gewesen sei und dies auch bleiben werde.

Im Falle eines Scheiterns der Gespräche hätten in einem harten Winter nicht nur der Ukraine, sondern womöglich auch EU-Ländern Engpässe bei der Gasversorgung gedroht. Die EU bezieht rund ein Drittel ihres Gasbedarfs aus Russland. Etwa die Hälfte davon fließt durch die Ukraine. Die EU hatte befürchtet, dass die Ukraine in Notlagen Gas aus den Pipelines abzweigen könnte.

"Dies ist ein wichtiger Schritt für unsere gemeinsame Energiesicherheit auf dem europäischen Kontinent", sagte Barroso. "Es gibt jetzt keinen Grund dafür, dass die Menschen in Europa es in diesem Winter kalt haben."

EU übernimmt Garantien

Oettinger unterstrich, dass die EU weder für die Altschulden noch für künftige Gasbestellungen der Ukraine Garantien übernehme. Nach seinen Angaben zahlt Naftogaz in den kommenden Tagen 1,45 Milliarden Dollar (1,15 Mrd. Euro), um die offenen Rechnungen bei Gazprom zu begleichen. Bis Jahresende tilge die Ukraine Altschulden von insgesamt rund 3,1 Mrd. Dollar (2,46 Mrd. Euro). "Dieses Geld liegt auf einem Sonderkonto bei der ukrainischen Staatsbank und ist damit eine sichere Erwartung für Gazprom", sagte Oettinger. Die endgültige Gesamtsumme werde vor dem internationalen Schiedsgericht in Stockholm geklärt. Im Gegenzug soll Russland die Zölle auf Gasimporte in die Ukraine um 100 Dollar je 1.000 Kubikmeter senken.

Nach Angaben des ukrainischen Energieministers Juri Prodan zahlt sein Land bis Jahresende 378 Dollar pro 1000 Kubikmeter, im ersten Quartal 2015 dann 365 Dollar. Oettinger erklärte weiter, dass die Ukraine die Option habe, Gasmengen nach ihrem Bedarf zu bestellen. Diese müsse sie per Vorkasse zahlen. Es war bis zuletzt offen gewesen, wie das quasi insolvente Land seine Rechnungen begleichen kann. Dazu sagte Oettinger, die Ukraine habe "im Haushalt Mittel für den Gaseinkauf bereitgestellt." Zudem verwies Oettinger auf Hilfsprogramme, die die EU und der Internationale Währungsfonds (IWF) heuer bereits beschlossen haben. Weitere Programme könnten vielleicht im nächsten Jahr beschlossen werden. Nach Angaben der EU-Kommission rechnet die Ukraine damit, bis Jahresende vier Milliarden Kubikmeter Gas zu benötigen, was in etwa 1,5 Milliarden Dollar entspräche.

Der Streit hatte im Frühjahr begonnen, nachdem Russland die Gaspreise nach dem Machtwechsel in Kiew und der Hinwendung der ukrainischen Regierung zum Westen deutlich angehoben hatte. EU-Kreisen zufolge hatten sowohl die Ukraine als auch Russland hart verhandelt, um auch die EU zu Zusagen zu bewegen. Für die Regierung in Moskau sei demnach wichtig gewesen, dass die EU ihren Beitrag dazu leiste, der Ukraine die Begleichung ihrer Rechnungen bei Gazprom zu ermöglichen. Die ukrainische Seite wiederum habe gegenüber ihrer Bevölkerung nicht den Anschein erwecken wollen, zu viel Geld für russisches Gas auszugeben.

Letzte Chance auf Einigung

An der Unterzeichnung nahmen neben den Energieministern Russlands und der Ukraine auch die Chefs der Versorger Gazprom und Naftogaz, Alexej Miller und Andrij Kobolew teil.

Sowohl für Barroso als auch für Oettinger war es die letzte Chance auf eine Einigung, da am Samstag die neue EU-Kommission unter Jean-Claude Juncker die Amtsgeschäfte übernimmt. Danach sind der Slowake Maros Sefcovic, der an der Zeremonie im Kommissionsgebäude ebenfalls teilnahm, sowie der Spanier Miguel Arias Canete für Energiethemen zuständig.

Russland und die Ukraine hatten bereits 2006 und 2009 über Gaslieferungen gestritten, wodurch auch in Westeuropa im Winter weniger Gas angekommen war. Seit Juni hat die finanziell schwer angeschlagene Ukraine kein russisches Gas mehr erhalten, auf das sie aber dringend angewiesen ist. Das nun beschlossene "Winterpaket" soll die Gasversorgung der Ukraine - und damit letztlich auch Europas - bis zum März 2015 sichern.

Gazoprom begrüßt "Kompromiss"

Russlands Energieriese Gazprom hat die Beilegung des Gasstreits zwischen Moskau und Kiew begrüßt. Von dem "Kompromiss" gehe die "klare Botschaft" aus, dass Verträge eingehalten und Schulden beglichen werden müssen, erklärte der Konzern am Freitag.

Mit der Einigung für die Wintermonate werde "mit etwas Glück ein neues, konstruktiveres Kapitel in den Gasbeziehungen zwischen der EU, Russland und der Ukraine" aufgeschlagen.

(APA/Reuters/dpa)

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