Ukraine: Widerstand gegen Sonderstatus

Protest des rechten Sektors in Kiew
Premier betont weiter, die "Volksrepubliken" nicht anzuerkennen. Doch auch der Sonderstatus erntet Kritik.

Nach der Verabschiedung des Sonderstatus für die Ostukraine haben mehrere ukrainische Abgeordnete eine Rücknahme des Gesetzes gefordert. Mitglieder der Vaterlandspartei von Julia Timoschenko und weitere Abgeordnete reichten am Mittwoch einen Antrag ein.Vor dem Präsidialamt protestierten auch etwa 300 Anhänger des "Rechten Sektors" gegen das Gesetz.
Das Parlament hatte das Gesetz über einen Sonderstatus für die Gebiete Donezk und Luhansk am Vortag in einer nicht öffentlichen Sitzung angenommen. Unmittelbar darauf ratifizierte die Rada gleichzeitig mit dem per Video zugeschalteten Europaparlament in Straßburg ein von Moskau kritisiertes Partnerschaftsabkommen zwischen Kiew und Brüssel.

Die ukrainischen Beschwerdeführer wollen das Gesetz nun wegen angeblicher Verstöße gegen Abstimmungsregeln für ungültig erklären. Um das Votum geheim zu halten, seien am Vortag elektronische Abstimmungsmaschinen verwendet worden, sagten die Abgeordneten. Dadurch stehe die Glaubwürdigkeit der Wahl infrage, weil nicht klar sei, wie die Volksvertreter gestimmt hätten, argumentierten sie.

Mit dem Sonderstatus räumt Kiew den beiden Gebieten für drei Jahre Selbstverwaltungsrechte ein. Vorgesehen sind zudem örtliche Wahlen am 7. Dezember sowie die Gründung einer eigenen Volksmiliz. Ein Amnestiegesetz gewährt den Separatisten zudem weitgehende Straffreiheit. Nur besonders schwere Verbrechen sollen geahndet werden.

Poroschenko soll nicht unterzeichnen

Ministerpräsident Arseni Jazenjuk betonte am Mittwoch, dass seine Regierung die beiden "Volksrepubliken" nicht anerkennen werde. "Das ist meine politische Position", sagte er. Der Rechte Sektor kritisierte, dass das Autonomiegesetz sowie der Straferlass "nicht eindeutig" seien. Parteisprecher Artjom Skoropadski forderte Präsident Petro Poroschenko auf, die Gesetze nicht zu unterzeichnen.

Jazenjuk forderte zugleich die Armee auf, trotz der geltenden Waffenruhe "volle Gefechtsbereitschaft" aufrechtzuerhalten. "Wir können niemandem trauen, vor allem den Russen nicht", sagte er nach einer Kabinettssitzung. Tatsächlich gab es auch am Mittwoch gewaltsame Zwischenfälle. Zwei Menschen starben durch Schüsse in Donezk.

Der ukrainische Regierungschef teilte zugleich mit, dass rund eine Million Staatsbeamte einer Lustration unterzogen werden sollen: Anhänger des im Februar gestürzten Präsidenten Viktor Janukowitsch sollen mit dieser Überprüfung aus der öffentlichen Verwaltung entfernt werden.

Moskau will Garantie

Russland reagierte positiv auf das Autonomiegesetz. Es sei "ein Schritt in die richtige Richtung", sagte die Föderationsratschefin Valentina Matwijenko der Zeitung "Rossijskaja Gaseta". Separatistenführer Alexander Sachartschenko erteilte jedoch den für den 7. Dezember angesetzten Wahlen eine Absage. "Wir werden selber entscheiden, wann wir welche Wahlen abhalten", sagte er der Agentur Interfax zufolge. "Von der Ukraine organisierte Wahlen wird es bei uns nicht geben."

Russland forderte unterdessen eine Stellungnahme Kiews zur Umsetzung des EU-Assoziierungsabkommens. Moskau erwarte eine "Bestätigung", dass das Freihandelsabkommen wie in der Vorwoche mit Brüssel und Kiew vereinbart erst Anfang 2016 umgesetzt werde, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax am Mittwoch. Russland droht mit hohen Steuern auf ukrainische Waren, um die befürchtete Überschwemmung des eigenen Marktes mit billigen Produkten aus der EU zu verhindern.

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