Swoboda zieht Bilanz

Hannes Swoboda
Was Österreich seit dem Beitritt zur EU verändert hat.

Dem neu gewählten EU-Parlament wird er nicht mehr angehören. Hannes Swoboda war Wiener Stadtrat und vertritt Österreich seit 1996 im EU-Parlament. Als Chef der sozialdemokratischen Fraktion ist er einer der einflussreichsten Politiker auf EU-Ebene. Im KURIER erzählt er von seiner Arbeit.

Hannes Swoboda über

...den Unterschied zwischen Politik auf EU-Ebene und in Österreich: Auf EU-Ebene geht es sachlicher zu, weil die politischen und persönlichen Angriffe wegfallen. Man ist weiter weg von den eigenen Parteistrukturen und Funktionären und kann sich mehr auf die Sache konzentrieren.

...Parallelen zwischen Brüssel und Wien: Es gibt auch in Brüssel Beamte und Funktionäre, die blockieren, die nicht wollen, dass sich Dinge ändern.

...die Geschwindigkeit politischer Entscheidungen: Die EU ist langsamer als Österreich, denn 28 Länder und deren Regierungen sowie 700 Abgeordnete zu involvieren, ist ein langwieriger Prozess. Aber wenn der Wille da ist, geht es oft auch binnen weniger Monate. Und das ist dann kein Blabla, sondern ein Gesetz, das in ganz Europa gilt. Persönlich geht es mir absolut zu langsam und zu träge – wie generell in der Politik. Die globale Vernetzung auf der wirtschaftlichen Seite ist schneller als die auf der politischen.

...die gravierendsten Veränderungen in Österreich durch die Mitgliedschaft in der Union: Wettbewerb, öffentliche Ausschreibungen und Modernisierung spielen eine viel größere Rolle als vor dem Beitritt. Auch das, was an Korruption aufgedeckt wird. Man hat oft den Eindruck, es gäbe in Österreich jetzt mehr Korruption als früher. Ich meine aber, es wird nur mehr aufgedeckt, weil europäische Regeln und europäische Verhaltensweisen auf österreichische Vernetzungen stoßen, die früher als selbstverständlich galten. Das ist ein Veränderungsprozess, in dem wir mitten drinnen stecken.

Swoboda zieht Bilanz
Zweitens wurde die Selbstgefälligkeit, dass wir die Insel der Seligen sind, überall gut sind und alles so gescheit machen, ein bisschen relativiert. Da kommt schon auch immer Kritik von der EU, wenn wir gewisse Dinge nicht umsetzen, etwa in Teilbereichen der Umweltpolitik doch nicht so fortschrittlich sind, wie wir immer tun. Die Notengebung durch Eurostat, die Budgetvergleichszahlen, die Kenndaten bei Forschungsquoten etc. bewirken, dass man sich mit anderen Ländern vergleichen und sich rechtfertigen muss, wenn man hintennach hinkt. Das ist natürlich für manche unangenehm. Es ist jedoch der wichtigste Beitrag seit der EU-Integration: Man kann nicht mehr sagen, bei uns ist eh alles okay, sondern es wird schonungsloser aufgedeckt als früher.

...Österreichs Image in Brüssel: Seit die Sache mit Schwarz-Blau überwunden ist, sieht man Österreich im Allgemeinen positiv. Wir gelten als sozial ausgeglichen, als ein Land, das eine besondere Rolle in Mittel- und Osteuropa spielt. Nachholbedarf haben wir bei Forschung und Entwicklung. Österreich wird nicht als Land gesehen, das bei modernen Technologien Höchstleistungen erbringen kann.

...die Unverzichtbarkeit der EU: Die hat sich beim Meistern der Finanzkrise, bei der Bankenstabilisierung erneut bewiesen. Was bei der Hypo passiert ist, würde heute mit der Bankenunion nicht mehr möglich sein. Wir haben den Fehler gemacht, nicht gleich nach der Euro-Einführung eine Bankenunion zu schaffen. Aber Europa hat den Fehler korrigiert. Nehmen Sie die Bank Austria: Sie ist eine italienische Bank, eine österreichische Bank, macht Geschäfte in Osteuropa. Das kann man nur auf europäischer Ebene in den Griff bekommen. Wir haben mit viel Druck aus dem EU-Parlament ein neues europäisches System gebaut. Eine Bankenkrise, die den Steuerzahlern auf den Kopf fällt, kann es nicht mehr geben.

...sein persönliches Highlight in den letzten 18 Jahren: Ich wurde im ersten Wahlgang gegen zwei Gegenkandidaten zum Fraktionsvorsitzenden gewählt, und zwar ohne Parteienverhandlung, nur aufgrund meines Engagements. Das war eine große persönliche Befriedigung.

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