Denkfabrik Nachhaltigkeit als Basis

Nachhaltigkeit ist mehr als eine ökonomische und ökologische Notwendigkeit. Sie ist auch ein ethisches Grundkonzept für unser gesamtes Leben, sagt Abtprimas Notker Wolf.

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Notker Wolf

Vor einigen Monaten, im November 2009, erhielt die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel aus der Hand international renommierter Wissenschaftler einen 108 Seiten starken Bericht. Der Titel: „Sustainability Made in Germany“. Darin beschreibt der Rat für nachhaltige Entwicklung, wie es um den Nachhaltigkeitsgedanken in Deutschland steht. Es gibt darin einiges Lob, so sei Deutschland der „Vorreiter in Europa und der Welt“. Gleichzeitig aber bemängeln die Experten fehlende Visionen und „Widerstand gegen langfristiges Denken und Handeln“. Zwischen den Zeilen des von den Medien nicht übermäßig beachteten Berichts schimmert immer wieder die Frage durch: Wo bleibt der große Wurf? Ich kann mich durchaus mit dem sportlich-bildhaften Satz des schwedischen Ratsvorsitzenden des Gutachterausschusses, Björn Stigson, identifizieren: „Die Mannschaft hat gut gespielt. Aber es fehlt der letzte Kick.“

Wir alle wissen nicht erst seit den Weltklimagipfeln der vergangenen Jahre: Die ökologische Uhr tickt. In Deutschland hat der Nachhaltigkeitsgedanke eine lange Tradition, die bis ins 17. Jahrhundert zurückreicht. Der sächsische Forstrat Hans Carl von Carlowitz propagierte damals die nachhaltige Waldbewirtschaftung, indem er auf die Gefahren durch schnell wachsende Monokulturen hinwies. Auch die Brüder Wilhelm und Alexander von Humboldt können mit ihrer ganzheitlichen Betrachtung der Naturwissenschaften als Väter der ökologisch-nachhaltigen Denkart gelten.

Warum wir Opfer bringen müssen

Die Diskussion ist wichtig und fruchtbar, mir jedoch zu einseitig. Wenn wir heute über den Begriff der Nachhaltigkeit diskutieren, sollten wir, ganz im Sinne der Brüder von Humboldt, das Thema nicht auf eine ökonomisch-ökologische Sichtweise verengen. Wir sollten es ganzheitlich betrachten, als eine ethische Grundhaltung, eine Lebensweise. Diese Lebensweise beginnt bereits bei Entscheidungen, wie sie täglich im Management fallen. Nachhaltigkeit beweist sich grundsätzlich in einer ethisch fundierten Unternehmensführung, die Wert darauf legt, mündige Mitarbeiter in alle Prozesse einzubinden. Schließlich geht es um das gemeinsame Ringen nach Lösungen, die nicht nur kurzfristigen Erfolg und Gewinn bringen, sondern auch langfristig gesicherte Arbeitsplätze.

So wächst nachhaltiges Denken und Handeln immer mehr heraus aus der Enklave des Umwelt- und Klimaschutzes, hinein in die Forderung nach sozialer Gerechtigkeit, und zwar weltweit. Wir wissen, dass wir in den industriell entwickelten Gesellschaften Opfer bringen, unseren Lebensstil ändern, Wachstum stärker qualitativ betrachten müssen. Dieses Denken und Handeln sollte unser gesamtes Leben umfassen.

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