Deutsche Telekom Obermann will Google zur Kasse bitten
Bonn - Telekom-Chef René Obermann betont gerne, wie wichtig ihm die Partnerschaft mit Internetunternehmen sei. Er nennt das Verhältnis zu Google und Konsorten "Co-opetition", ein Mix aus Kooperation und Wettbewerb. Jedoch waren die Profite aus dieser Beziehung bislang recht einseitig verteilt: Während die Deutschen Telekom Milliarden in schnelle Internet- und Mobilfunknetze investierte, kassierten die Anbieter der Inhalte die hohen Renditen - Google , Apple und Co.
Diese Ungleichgewicht will Obermann nun ausbalancieren. "Wir können nicht alles umsonst anbieten", argumentiert der Telekom-Chef, "zahlen müssen diejenigen, die die Netze stark beanspruchen". Wer besonders datenintensive Premiuminhalte anbietet, soll demnach eine Gebühr entrichten. Je mehr Bandbreite ein bestimmter Web-Dienst benötigt und je öfter er genutzt wird, so die Logik, desto mehr soll der jeweilige Anbieter bezahlen. Neben den Internetkonzernen soll die Regelung große Filmstudios betreffen, die hoch auflösende Videos über das Web anbieten.
Die Gründe für den Vorstoß leuchten ein. Will die Telekom am rasant wachsenden Markt für Online-Apps, Internetfilme oder Web-Spiele nachhaltig partizipieren, muss sie einen Teil der gigantischen Erlöse von Google & Co. für sich beanspruchen. Zwar haben die Bonner auch eigene Shops für Musik, Filme und Spiele im Angebot. Doch damit erzielt die Telekom derzeit einen Umsatz unterhalb der Milliardenschwelle. Organisches Wachstum ist in diesem weitgehend verteilten Markt kaum noch möglich.
Indes, bei der Umsetzung seiner Pläne dürfte Obermann auf einige Widerstände stoßen. Konzerne wie Google dürften wenig Bereitschaft zeigen, beispielsweise für datenintensive Videos aus dem Angebot ihrer Filmtochter Youtube Geld zu bezahlen. In der Weltsicht der Internetkolosse sind Netzbetreiber wie die Telekom auf die Inhalte der Web-Anbieter angewiesen, um erlösstarke Datenpakete verkaufen zu können.
Obermann sieht das umgekehrt: "Was wäre Google ohne die Netzbetreiber?", fragt der Telecom-CEO im Gespräch mit manager magazin. Und in der Tat findet in der Branchen momentan ein langsames Umdenken statt: Telefónica und Vodafone haben bereits ähnliche Gedanken geäußert und suchen nach Modellen, alle Profiteure der Highspeed-Netze zur Kasse zu bitten - auch diejenigen, die keine Investitionen tätigen.
Neben den Web-Konzernen hat Obermann jedoch auch politische Gegner. Denn sein Vorschlag hat einen pikanten Nebeneffekt. Verlangt die Telekom Geld für Premiumdienste, bedeutet dies automatisch die Bevorzugung einzelner Web-Inhalte. Wer nicht bezahlt, wird über langsamere Leitungen gelotst - Objektivität und Offenheit des Netzes wären gefährdet. In den USA hat sich längst eine Bewegung gebildet, die eine strikte Einhaltung der sogenannten Netzneutralität verficht. An ihrer Spitze steht Präsident Barack Obama.
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