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Streit um Praxisgebühr Union erwägt Senkung der Kassenbeiträge

Die FDP-Pläne zur Abschaffung der Praxisgebühr sorgen weiter für Krach: Unionspolitiker wehren sich gegen Überlegungen von Gesundheitsminister Bahr, die Zuzahlung zu streichen. Angesichts der Milliardenüberschüsse in den Krankenkassen setzt die CDU/CSU offenbar auf eine Senkung des Beiträge.

Berlin - In der schwarz-gelben Koalition wird offenbar erwogen, die Beiträge zur gesetzlichen Krankenkasse zu senken - anstatt, wie von der FDP gefordert, die Praxisgebühr abzuschaffen. Unionspolitiker wehrten sich am Freitag gegen Vorstöße ihres Koalitionspartners, die Zuzahlung von zehn Euro pro Quartal zu streichen.

Angesichts des Überschusses von 19,5 Milliarden Euro in der gesetzlichen Krankenversicherung setzt die Union nun anscheinend stattdessen darauf, den Beitragssatz zu senken. "Denkbar sind 0,1 Prozent", sagte Fraktionschef Volker Kauder (CDU) der "Süddeutschen Zeitung".

Kauder bezeichnete die Forderung der FDP als "fehl am Platz". Die Praxisgebühr trage dazu bei, dass die Kassen "auf einem soliden finanziellen Fundament stehen", sagte der CDU-Politiker weiter.

Der Beitragssatz zur Krankenkasse liegt derzeit bei 15,5 Prozent des Einkommens. 8,2 Prozent finanzieren die Arbeitnehmer und 7,3 Prozent die Arbeitgeber.

Die Praxisgebühr müssen Kassenpatienten seit 2004 beim Arzt, Zahnarzt oder Psychotherapeuten bezahlen. Sie wird einmal im Quartal fällig und fließt an die Kassen. Im vergangenen Jahr kamen rund zwei Milliarden Euro zusammen.

Am Mittwoch war bekannt geworden, dass die Kassen insgesamt über ein Finanzpolster von 19,5 Milliarden Euro verfügen. Zehn Milliarden haben die Kassen selber angespart, und 9,5 Milliarden liegen als Überschuss im Gesundheitsfonds.

Spahn: "Hier geht es nicht um die Sache"

Die Gesundheitspolitik sorgt seit Tagen für Streit zwischen Koalitionspolitikern: Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Jens Spahn, lehnte eine Abschaffung der Praxisgebühr ebenfalls strikt ab. Die FDP wolle sich "mit zehn Euro wieder auf zehn Prozent kaufen", sagte er und fügte hinzu: "Aber das geht schief. Denn jeder sieht, dass es hier nicht um die Sache geht."

Spahn betonte: "Für uns gilt der Koalitionsvertrag". Dort sei auf Wunsch der FDP vereinbart worden, das System der Praxisgebühr zu entbürokratisieren. "Bis heute warten wir auf konkrete Vorschläge", sagte er.

FDP-Gesundheitsexperte Heinz Lanfermann zeigte sich unbeeindruckt: "Ich lade Herrn Spahn ein, im rollenden Zug mitzufahren, statt sich davor zu stellen". "Jeder sieht, dass das Thema Abschaffung der Praxisgebühr breite Zustimmung findet und kein Feld für politische Taktiererei ist", sagte er.

Regierungssprecher Steffen Seibert hatte entsprechende Pläne am Freitag dementiert. "Pläne zur Abschaffung der Praxisgebühr gibt es in der Bundesregierung nicht", versicherte er.

Für die CSU erklärte Fraktionsvize Johannes Singhammer, er sei "klipp und klar" dagegen. "Dem Gesundheitswesen würden dauerhaft zwei Milliarden Euro im Jahr fehlen", sagte er den Dortmunder "Ruhr Nachrichten".

Die SPD unterstützt hingegen die Forderung der FDP. "Mit der Abschaffung der Praxisgebühr haben Patienten wieder mehr Geld im Portemonnaie und Ärzte und ihre Mitarbeiter weniger Bürokratie zu bewältigen", sagte Generalsekretärin Andrea Nahles.

amz/dpa/dapd